Quantcast
Channel: Spiritualität – MYSTICA.TV
Viewing all 414 articles
Browse latest View live

Aspekte der Weihnacht – Christian Salvesen

$
0
0
SONY DSC
SONY DSC

© Hindemitt / photocase.de

Weihnachten mal anders betrachtet: Unser Autor Christian Salvesen blickt zurück in seine Kindheit als Pastorensohn, untersucht den Begriff des Avatars, der auch in anderen Traditionen eine Rolle spielt und fasst Thorwald Dethlefsens spirituelle Deutung von Weihnachten als die „Geburt des Lichtes“ zusammen.

von Christian Salvesen

 

 

Weihnachten naht. Die Lieder und Lichter in den Einkaufstraßen künden vom Fest der klingelnden Kassen. Manch einer fragt sich vielleicht, worum es bei diesem eigenartigen Event eigentlich geht. Ursprünglich sicher nicht nur ums Geschäft. Soviel vorab: Unsere abendländische Zeitrechnung bezieht sich auf Christi Geburt, auch wenn die laut historischer Forschung 4-7 Jahre vor dem offiziell angenommen Datum stattfand. Wir schreiben Anno Domini 2016.

 

Krippenspiel

Ich wuchs in einem evangelischen Pfarrhaus auf, als Ältester von fünf Geschwistern. Für uns Kinder war Weihnachten ein aufregendes Fest. Das lag unter anderem daran, dass unsere Eltern beruflich voll im Einsatz waren. Meine Mutter probte in der Adventszeit mit der Dorfjugend das Krippenspiel ein. Es bildete stets den Höhepunkt des Gottesdienstes am Nachmittag des 24. Dezembers, Heiligabend. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, es kamen Schaulustige aus der weiteren Umgebung, sogar von Hamburg. Meine Mutter setzte sich dabei voll ein, über 40 Jahre. Ich spielte einige Jahre einen Hirten, der zur Gitarre Lieder sang wie: „Kommet ihr Hirten“ und „Ich steh an deiner Krippen hier“. So eroberte ich das Herz meiner Angebeteten aus dem Nachbarsdorf, mit der ich bis heute verbunden bin.

Das Krippenspiel reicht zurück bis ins 11. Jahrhundert. Es erzählt die Weihnachtsgeschichte. Oft wird der Text aus dem Lukasevangelium an den Anfang gesetzt:
In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ ( Lk 2,1–7 EU)

Meine Mutter besorgte sich immer wieder neue Vorlagen, versuchte auch gelegentlich modernere Fassungen, doch die Story blieb natürlich dieselbe. Die Hirten auf dem Felde erfahren, zunächst erschrocken, die „Frohe Botschaft“ von den Engeln. „Denn siehe, euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Sohn Gottes“ (aus der Erinnerung zitiert). Und einer dieser heute wieder so populären Lichtwesen erschien dann auch auf der Kanzel, wo sonst mein Vater stand und sang: „Vom Himmel hoch, da komm ich her.“ Dieser strahlende Verkündigungsengel wurde von einer Dorfschönheit mit langen blonden Haaren gespielt. Ich war in sie verknallt, doch meine inbrünstig vorgetragenen Hirtenlieder ließen sie kalt. Engel sollen ja ungeschlechtliche Wesen sein.

In den auf allen Weihnachtsmärkten erhältlichen Krippen tummeln sich neben Joseph, Maria, dem Christkind und den Hirten auch einige Tiere, allen voran Ochse und Esel. Der Ochse steht für das Gott ergebene Volk Israel, der Esel für die störrischen Heiden, die aber auch eine Chance bekommen, gerettet zu werden. Der heilige Franziskus predigte zu Weihnachten in Anwesenheit echter Tiere, die das ihnen gebotene Heu in der Krippe verzehrten während sie andächtig den Worten lauschten.

Und nicht zu vergessen: Die heiligen drei Könige aus dem Morgenland. Beim Artlenburger Krippenspiel musste einer sein Gesicht mit Kakao einschmieren und als Mohr auftreten. Das war – rückblickend – eine psychologische Vorbereitung auf die Flüchtlingskrise 2015.

Bis wir dann endlich ins Weihnachtszimmer durften, vergingen noch Stunden nach dem Krippenspiel. Das Ritual war stets gleich. Meine Mutter klingelte mit einem Messingglöckchen und sang: „Kling Glöckchen klingelingeling.“ Im Amtszimmer stand ein großer Tannenbaum, geschmückt mit roten Äpfeln, Strohsternen, etwas Lametta, die Kerzen brannten – soweit ich mich erinnern kann – mindestens einmal den ganzen Baum nieder. Bevor wir uns an die Geschenke machen durften, die nicht der Weihnachtsmann, sondern streng nach Martin Luther das Christkind gebracht hatte, mussten Gedichte aufgesagt und etliche Weihnachtslieder gesungen werden. „Ihr Kinderlein kommet“, „Oh du Fröhliche“, „Vom Himmel hoch, ihr Englein kommt“, danach Lieder von Martin Luther und Paul Gerhart, gelegentlich auch die eher profanen wie „Stille Nacht“ und „O Tannenbaum“.

 

Avatar: Gott wird Mensch

In manchen alten Weihnachtsliedern sind biblische Hintergründe angedeutet, so auch in diesem Lied von 1598:

Es ist ein Ros‘ entsprungen aus einer Wurzel zart,
wie uns die Alten sungen, von Jesse (Jesaja) kam die Art
und hat ein Blümlein bracht
mitten im kalten Winter, wohl zu der halben Nacht.

Der Prophet Jesaja hatte schon im Alten Testament angekündigt: „Und ein Reis [= Spross] wird hervorgehen aus dem Stumpfe Isais, und ein Schössling aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen.“ (Jes. 11,1a LUT)

Ob damit wohl die Geburt von Gottes (einzigem) Sohn gemeint war?

Zum theologischen und historischen Hintergrund von Weihnachten gäbe es so manche „Mär“. Das fasse ich hier knapp zusammen. Der Apostel Paulus wies in Briefen an die frühchristlichen Gemeinden (hier an die Gemeinde in der Stadt Philippi, um 50 nach Christi Geburt) auf die Bedeutung eben dieser Geburt hin, die heute unsere Zeitrechnung bestimmt. Gott selbst habe sich in Gestalt eines Menschen „entäußert“.

Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: ‚Jesus Christus ist der Herr‘ – zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (.Phil 2,5–11 EU)

Im Johannes-Evangelium heißt es, das „Wort sei Fleisch geworden“. Das klingt noch mysteriöser und abstrakter. „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. …Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,9–14 EU)

salvesen-himmelerde

„Himmelerde“ von Christian Salvesen (Farbstiftzeichnung)

Die Vorstellung, dass sich Gott als Mensch inkarniert, finden wir auch in anderen Kulturen und religiösen Traditionen. In Indien steht dafür der Avatar. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, wie dieser Gott in den Körper der menschlichen Mutter gelangt. Jungfrauengeburt – das war schon vor Maria ein Thema für Theologen aller Glaubensrichtungen. Doch die Jungfrau Maria ist wohl der bekannteste Fall, eine Art Archetyp, in unzähligen großen Kunstwerken verewigt und besonders zu Weihnachten immer wieder gerne vorgezeigt.

In der Kirchengeschichte wurde wie um vieles andere auch darum gestritten, wann Jesus wohl gezeugt wurde. Mariä Empfängnis. Wann schwängerte sie der Heilige Geist? Schließlich einigte man sich auf den 25. März, das angenommene Todesdatum am Kreuz, und kam schon rein rechnerisch auf den 25. Dezember als Tag der Geburt. Zugleich wollten die Bischöfe der noch verfolgten Christengemeinden die Geburt Jesu als einen Gedenktag etablieren, und da kam die Feier des römischen Sonnengottes „Sol Invictus“ (Besieger des Todes) am 25. Dezember gelegen. Ab wann tatsächlich Christi Geburt in Gottesdiensten und Messen zelebriert wurde, ist nach wie vor umstritten. In Rom und Konstantinopel sicher im 4. Jahrhundert und in Bayern ab dem 8. Jahrhundert.

Mittlerweile wird Weihnachten weltweit gefeiert. Das englische „Christmas“ weist auf die lateinische Messe, das deutsche „Weihnacht“ stärker auf germanische Wurzeln (wihe=geweiht). Gelegentlich wurde und wird die Feier verboten, zum Beispiel in Somalia 2014 von Islamisten, obwohl die Weihnachtsgeschichte im Koran erzählt wird. Jedes Land hat eigene Rituale und Bräuche rund um Weihnachten entwickelt. Und es ist eben ein Familienfest. Man trifft sich wieder und übt sich in Harmonie. In meiner Familie gab es, als ich später von außen als Student hinzukam, eher unerfreuliche Konfliktaufarbeitungen. Darüber konnten auch die Weihnachtslieder und die Hausmusik nicht hinwegtäuschen.

 

Die spirituelle Bedeutung von Weihnachten nach Thorwald Dethlefsen

Der Diplompsychologe und Psychotherapeut Thorwald Dethlefsen (1946 – 2010) wurde durch seine Bestseller „Krankheit als Weg“ (mit Ruediger Dahlke) und „Schicksal als Chance“ einem Millionenpublikum bekannt. In einem Vortrag von 1995, „Die spirituelle Bedeutung von Weihnachten“, geht Thorwald Dethlefsen auf den Mythos ein, der jenseits aller Sentimentalität oder auf Historie beschränkter Theologie Weihnachten als eine innere Wirklichkeit lebendig werden lässt – als eine „Geburt des Lichtes“ in jedem, der aufrichtig nach der Wahrheit sucht.

Thorwald Dethlefsen entdeckte das zentrale Grundmuster, das hinter dem Schicksal eines jeden Menschen steht: Der Mensch lebt in der Polarität und agiert zwischen Schuld und der Sehnsucht nach Ganzwerdung. Er kann die Erlösung aber nur dann erreichen, wenn er lernt, den Weg nach innen zu gehen. Dethlefsen hat sein gesamtes Leben der Aufgabe gewidmet, diesen Entwicklungsprozess für jeden Menschen einsichtig und gangbar zu machen.

In seinem Vortrag führt er die auf Einmaligkeit und Exklusivität bedachte dogmatische christliche Theologie klar ad absurdum: Ein Festhalten an Fakten oder überlieferter Geschichte tötet den inneren Kern, die lebendige Wirklichkeit, das ewige „Muster“ hinter den Manifestationen. Die Geburt des Christkindes ist ebenso Ausdruck eines Archetyps wie die von Krishna, und die Feier der Lichtgeburt um diese dunkelste Jahreszeit findet sich in fast allen Kulturen zu allen Zeiten. Die 150 verschiedenen Versionen der frühen Christen, wann Jesus geboren wurde, vereinte Papst Julius im vierten Jahrhundert durch die offizielle Festlegung auf die Nacht vom 24. zum 25. Dezember, in Anlehnung an die „heidnischen“ Rituale der alten Römer.

Dethlefsen betont, dass das Licht nur in der Dunkelheit gefunden werden kann und nicht etwa in der „Zeit der Löwen“, im Sommer, wo das Ego im Licht der Welt glänzt. Das Ego wird schwächer nach dem Zweifel und der Depression des Herbstes, zugleich, sozusagen von der göttlichen Seite her, stirbt oder verengt sich freiwillig das Bewusstsein in die Materie, in Maria, in die Form: „Das Licht tritt (ein) in (die) Erscheinung. Die Jungfrau Maria („Maya“, „Mater“, „Mare“, „Meer“, „Meera“) repräsentiert jede empfängliche Seele, die sich, ohne sich mit der Vergangenheit zu identifizieren („unbefleckt“), dem inneren Licht der Wahrheit öffnet (wie auch Meister Eckhart bemerkt).

Zimmermann Joseph baut die Welt – er vertritt das Prinzip des Mannes, der diese Welt, die wir alle jetzt auf Erden erleben, erbaut hat. Da es in den weltlichen Herbergen, das heißt in unseren Köpfen keinen Platz für Neugeburten des Herzens gibt, bleibt nur der Stall übrig (zerfallene Mauern, Höhle, Unterkunft der Tiere, Gefängnis des Körpers). Die Hirten müssen übrigens, da sie keine Mysterienschule besuchen konnten, ihre Mützen beim Anbeten des Kindes abnehmen – aus Ehrfurcht; die drei Weisen aus dem Morgenland dagegen behalten ihre Kronen auf, denn sie haben sie sich ehrlich verdient. Der Weg des Herzens (Hirten) wird vom Mythos gezeigt und ist dem des Geistes („Magier“) mindestens ebenbürtig. In einer Version der Weihnachtsgeschichte sind es die Hirten, welche die Weisen schließlich zur Krippe führen. In der dunkelsten Nacht, zu dieser Zeit, das heißt jetzt, wo ich dies lese, wird Christus geboren. Wo? In mir.

Dethlefsen fasst zusammen: „… Das Licht scheint in der Finsternis“ wäre die kürzeste Formel, auf die man das Geschehen bringen kann. Und Johannes formuliert: „Die Finsternis hat’s nicht begriffen.“ Weihnachten ist die Aufforderung es zu begreifen, Weihnachten ist die Aufforderung, in dem Bereich, wo man es vielleicht nicht sucht und nicht vermutet, dort in der dunkelsten Nacht, in der dunkelsten Zeit des Jahres, die Geburt des Logos, die Geburt des ewigen Lichtes, die Geburt Gottes in uns zu verwirklichen. Alle Jahre wieder. Und damit, so meine ich, ist Weihnachten ein hoch aktuelles Fest. Keine Gedenkfeier „damals vor 2000 Jahren“. Wir sollten diese Unverbindlichkeit einer solchen Betrachtung wieder ersetzen durch die Verbindlichkeit eines Prozesses, der in jedem einzelnen alle Jahre wieder in uns stattzufinden hat. Wir müssen um dies Lichtgeburt ringen. Wir müssen zum Stall werden, in dem dieses Christkind, in dem das Licht oder eben der Menschensohn geboren und damit sichtbar wird.

 

Über Christian Salvesen:

Er ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an. Er lebt mit seiner kanadischen Ehefrau in der Nähe von München. Alles weitere erfahren Sie auf www.christian-salvesen.de

 

Tipps:

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Dieser Artikel Aspekte der Weihnacht – Christian Salvesen ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.


Spiritualität als Lebensgrundlage – Sylvester Walch

$
0
0
Copyright 2016 nicousnake / Photocase, all rights reserved.
Copyright 2016 nicousnake / Photocase, all rights reserved.

© nicousnake / photocase.de

Spiritualität hat manchmal mit berechtigten Vorurteilen zu leben oder hat sich zumindest mit diesen Vorurteilen auseinanderzusetzen. Wie also sind spirituelle Wege zu beurteilen? Sicher braucht es mindestens eine innere Offenheit des Hinschauens, Hinhörens und Hinfühlens, um überhaupt begreifen zu können was geschieht. Ein renommierter Autor und Psychotherapeut wagt sich an das spannende Thema!

von Sylvester Walch

 

Spiritualität, so wird immer wieder erwähnt, sei unsinnlich, scheinheilig, konfliktverleugnend, weltabgewandt und dogmatisch. Das ist auch der Grund, warum manchmal Menschen in der Atemsitzung große Schwierigkeiten haben, zum Beispiel christliche Musik, etwa gregorianische Chöre, zu hören. Unversehens kommen sie beim Atmen in Kontakt mit Belastungen, die sie im religiösen Kontext erfahren haben, wie Machtmissbrauch und Übergriffen. Es geht um Weltbilder, denen man zu folgen hätte, die aber von denen,die diese verkünden, nicht gelebt werden usw. Wir müssen zwei Fragen stellen: Wie entsteht eine Doktrin, eine Ideologie, die sich gegen den Menschen wendet, und an welcher Stelle haben wir zu akzeptieren, dass wir unfertig sind und immer auch unseren Bildern und Visionen hinterherhinken.

Letzeres zu akzeptieren, ist gerade für den spirituellen Weg wichtig. Denn wenn wir unsere Unvollkommenheit, unsere innere Begrenztheit zulassen, dazu stehen, dann kann dies zu einem wichtigen Aspekt in der Spiritualität führen: zu Bescheidenheit. Wenn ich mich in Bezug auf das größere Ganze zu transformieren vermag und anerkenne, dass ich einem Weg folge, dass ich aber dabei unfertig, unverwirklicht bin, dann hilft mir das immer wieder, ein Stück gesunde Bescheidenheit zu leben. Das hat nichts zu tun mit einer religiös verordneten Bescheidenheit, bei der wir unsere Autonomie, unsere Fähigkeiten oder unsere Werte zurückzustellen, sozusagen unser Licht unter den Scheffel zu stellen hätten. Das würde auch nicht im Einklang mit Spiritualität stehen.
Es geht darum, das, was uns an Fähigkeiten mit gegeben oder geschenkt wurde, in die Welt einzubringen und dort auch zu verwirklichen. Und dass ein gesundes Selbstbewusstsein mir erlaubt, neben der Bescheidenheit auch eine Öffnung und eine Identifikation mit dem größeren Ganzen zu erlangen.

Dieses Spannungsfeld – einerseits die Großartigkeit unseres Lebens wahrzunehmen und gleichzeitig dabei die Kleinheit, die Verletzlichkeit, die Sterblichkeit anzuerkennen – hält uns dann im Gleichgewicht. Wir werden uns deshalb auch nicht davon stehlen, wenn wir Aufgaben zu erledigen haben, und werden uns gleichzeitig immer wieder bewusst machen, dass, wenn wir uns mit unserer Kraft zeigen, diese nicht nur durch unsere eigenen Entwicklungen erlangt wurde, sondern auch durch bestimmte Wachstumsimpulse: Moments of Grace; wo in einem Moment sich etwas fügt, außen wie innen, im Sinne einer hilfreichen Synchronizität, das uns ermöglicht, dass sich etwas von der Unter- in die Überschwelligkeit bringt und sichtbar wird. Und das sind Momente, wo äußere und innere Anliegen miteinander so subtil korrespondieren, dass aus dem tiefsten Inneren heraus Lösungen hervorgerufen werden, wobei der Einzelne nicht alleine der Hauptverantwortliche ist.

Zum Beispiel schon die Frage, wer in einer Kleingruppe zusammen kommt oder wer sich als Paar findet – es sind immer Wachstumspotenziale, Wachstumsimpulse enthalten. Natürlich können wir dann sagen: Lassen wir das zu, lassen wir uns führen? Oder vermeiden wir möglichst Wachstum und schauen weg?

Wenn wir aus der Balance geraten, in eine Krise geraten, liegt sehr viel Potenzial in dieser Situation. Weil sich in Krisen auch selbständig etwas umgestaltet, ohne dass wir unseren Widerstand einbringen könnten. Das Merkmal von Krisen ist ja, dass sie sich nicht einfach durch uns selbst aufheben lassen, sondern dass sie ihren eigenen Weg gehen, ihre eigene Kraft und Dynamik entfalten.

Natürlich können wir Krisen auch »ins Wort fallen«, indem wir Medikamente nehmen oder Alkohol trinken. Aber wenn wir sie zulassen, dann kann aus der Sprachlosigkeit einer Krise ein konstruktiver Dialog mit anderen oder dem größeren Ganzen werden.

Das größere Ganze ist hier nicht als etwas gemeint, das abstrakt über uns thront und uns dogmatisch unser Sündenregister vorhält, sondern heißt hier: in allem und in jedem anwesend. Und zwar als Modus des Offenseins füreinander. Es kann in einem Gespräch sein, es kann während einer Atemsitzung sein – plötzlich ist eine Offenheit da, wo vorher Verstrickung war. Vielleicht ist auch nachher wieder Konflikt, doch zwischendurch ist plötzlich eine Öffnung da, in der ganz von selbst im Zwischen dieser beiden Menschen sich etwas konstituiert, was wir als tiefe, verdichtete, als uns beseelende Atmosphäre erkennen und wahrnehmen. Und so verstanden ist das Göttliche mitten in der Welt und nicht jenseits davon in irgendeinem Elfenbeinturm, wo ich mich sozusagen entwickle, und wenn der andere das nicht tut, dann hat er mit dem Göttlichen keinen Kontakt. Leider kann man immer wieder in spirituellen Richtungen Sätze hören wie: »Der ist noch nicht soweit«, oder: »Der weiß das halt nicht.« Man versucht das Göttliche eher bei sich als beim anderen zu sehen. Doch nur dann bin ich für das Göttliche geöffnet, wenn ich es auch bei dem anderen sehe. Sollte ich es nur bei mir sehen, unterliege ich einer Illusion. Denn ich gehe dann davon aus, dass das Göttliche begrenzt ist und dass es sich in einzelnen Menschen mehr zeigt als in anderen.

Natürlich möchte man einwenden, dass es auch Menschen gibt, die zu grenzenlosen gewalttätigen Handlungen neigen. In der Geschichte der Menschheit gibt es viele Beispiele dafür. Dann taucht die Frage auf: Wie können wir das spirituell sehen, wie können wir damit umgehen? Wenn ein ungeheures Ungleichgewicht in der Welt ist, was die Verteilung der Güter anbelangt, wenn es einen Zweiten Weltkrieg gibt, wenn es Vernichtungslager gibt, wenn es Terror gibt usw. Ich werde oft bei meinen Vorträgen gefragt, wie ich das spirituell einschätze. Ich traue mir keine Antwort zu. Ich glaube, dass jede Antwort vermessen wäre, dies in irgendeiner Weise zu erklären.

Das ist nicht möglich. Ich kann es immer nur in Bezug auf Menschen sagen, dort, wo ich Menschen begleite: Wenn zwischen zwei Menschen spontan Öffnung entsteht und das Gefühl von Heilung und Heiligung innerlich sich vergegenwärtigt, dann erlebe ich bei mir selbst im Umgang mit den Menschen ein Weich werden. So wie die Menschen mir nachher berichten, passieren für sie Entwicklungsschritte auf ihrem Weg.

Vor diesem Hintergrund große kosmologische Theorien zu formulieren, wäre meiner Ansicht nach zu weit gegriffen. Aber wir können trotzdem in unserem ganz kleinen Bereich, auch wenn wir nicht wissen, was es zum Großen beiträgt, durch unsere eigene spirituelle Haltung überprüfen, ob dadurch mehr Liebe oder Wahrhaftigkeit ins Leben kommt. Schon bei uns selbst können wir beginnen.

Denn wenn wir mit uns liebevoller und wahrhaftiger sind, gelingt uns das Leben leichter und die Dinge gehen uns leichter von der Hand. Das können wir sagen: Je bewusster wir werden, desto leichter fügt sich etwas zusammen. Darüber können wir Aussagen machen, darauf können wir uns innerlich beziehen.

Spiritualität ist keinesfalls weltabgewandt. Man sollte sich trotzdem nicht dazu hinreißen lassen, alles erklären zu wollen, mit Konzepten, die über die persönliche Erfahrung hinausgehen. David Steindl-Rast hat dies immer deutlich gemacht: Je weiter wir von der persönlichen Erfahrung weggehen, desto ideologischer und dogmatischer können Inhalte werden. Deshalb ist das Zurückkommen auf die persönliche Erfahrung das Wesentliche, wenn man dem Vorwurf des Dogmatismus entgegentreten will.

Was sagt mir der andere? Auch wenn es mir widerstrebt, wenn es für mich so nicht passt, ist anderes dennoch anzuerkennen. Es muss nicht gleich sein, es muss nicht identisch sein. Was das Anderssein braucht, ist sein Anerkennen, sodass es als solches auch seine Existenzberechtigung hat.

Wir können das, was jemand sagt, als persönliche Erfahrung immer auch mit Respekt und Wertschätzung aufgreifen und nach dem Motto verfahren: Die persönliche Erfahrung des anderen hat eine gewisse Autorität, die nicht dadurch zu erschüttern ist, dass ich anderer Meinung bin.
Und da kommen wir zu dem zweiten Punkt: Es geht nicht darum, Konflikte zu vermeiden oder zu verleugnen, sondern wir versuchen, sie in einer konstruktiven Weise anzugehen, indem wir zunächst dieses Anderssein, das Konflikthafte und die Dissonanz anerkennen. Niemand kann mir sagen, dass das nicht spirituell wäre, Konflikte im Sinne der Differenz, der Dissonanz anzuerkennen.

Spiritualität heißt: Erkenne an, was ist. Und zwar so, wie es ist und wie du es erlebst und wie der andere es erlebt. Und in diesem Modus werden wir auch immer mit Konflikten zu tun haben und brauchen sie nicht zu verleugnen.

 

Aktuelles Buch zum Thema:

ganze-fuelle-deines-lebens_sylvester-walch_mystica

Sylvester Walch: „Die ganze Fülle deines Lebens – Ein spiritueller Begleiter zu den Kräften der Seele“

Verlag: Fischer & Gann (2016)
Umfang: 180 Seiten
Preis: 19,99 Euro
ISBN-13: 978-3-903072-31-2

Hier können Sie das Buch versandkostenfrei bestellen!

Lesen Sie hier unsere Buch-Rezension!

 

 

Über Sylvester Walch

Dr. Sylvester Walch aus Oberstdorf ist Psychotherapeut, Dozent, erfolgreicher Autor sowie auch spiritueller Lehrer. In seiner langjährigen Arbeit verbindet er die gängige Psychotherapie mit transpersonaler Psychotherapie und Spiritualität. Er ist Gesamtleiter der Curricula für Transpersonale Psychologie, Holotropes Atmen und körperorientierte Verfahren. Er leitete über viele Jahre eine stationäre psychotherapeutische Einrichtung und hat Lehraufträge an verschiedenen Universitäten. Der Autor verfasste zahlreiche Artikel und seine Bücher „Dimensionen der menschlichen Seele“ und „Vom Ego zum Selbst“ wurden zu Bestsellern. Sylvester Walch verfügt über eine langjährige Meditationspraxis und entwickelte einen ganzheitlichen Weg, in dem seelische Heilung und geistige Praxis integriert werden.

www.walchnet.de

Merken

Dieser Artikel Spiritualität als Lebensgrundlage – Sylvester Walch ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Die 25 spirituell einflussreichsten Persönlichkeiten 2016

$
0
0
persoenlichkeiten-2016-_mystica_tv2

persoenlichkeiten-2016-_mystica_tv_Im Stil des Time Magazins, das jedes Jahr eine Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten zusammenstellt, und des Forbes Magazins, das die Mächtigen der Welt in Rangfolge auflistet, veröffentlicht das Mind Body Spirit Magazin (herausgegeben von Watkins Media in England ) jährlich eine alternative Liste der 100 spirituell einflussreichsten lebenden Personen. Wir durften exklusiv den Artikel übernehmen, der in der sehr empfehlenswerten deutschen Ausgabe des Magazins erschienen ist und haben uns für die 25 obersten der Liste entschieden. Darunter tummeln sich wieder viele Kandidaten aus dem letzten Jahr, die offensichtlich auch 2016 in keinster Weise an Einfluss verlohren haben: Dalai Lama, Papst Franziskus, Eckhart Tolle, Desmond Tutu, Deepak Chopra, Paolo Coelho. Doch auch einige neue Namen werden Ihnen auffallen!

Die Auflistung ist als ein konstruktiver Wegweiser zu einigen der wichtigsten Lehrern und Leifiguren, die heute leben und durch ihr Beispiel inspirieren, gedacht. Oder wie es Eckhart Tolle in einem Interview formulierte: „Die Liste ist eine Widerspiegelung des erwachenden Bewusstseins auf unserem Planeten. Es ist eine Liste von Leuten, die helfen, den Weg frei zu machen, und nicht von Leuten, die es „geschafft“ haben.“

Die drei wichtigsten Kriterien bei der Erstellung der Liste sind:
* Es muss sich um eine lebende Person handeln.
* Die Person hat weltweit einen herausragenden spirituellen Beitrag geleistet.
* Nach der Person wird mit Google gesucht, sie erscheint in den Nielsen Data, hat eine eigene Wikipedia-Seite und wird häufig in Blogs erwähnt.

 

Hier nun die Kurzbiographien der 25 am höchsten bewerteten Persönlichkeiten:

 

1 – DALAI LAMA

Tenzin Gyatso (Geburtsname Lhamo Döndrub Gyatso) ist der 14. Dalai Lama und spirituelles Oberhaupt der Tibeter. Die Buddhisten Tibets glauben, dass er die Reinkarnation seiner Vorläufer ist und die Manifestation des Chenrezig, des Bodhisattwas universalen Mitgefühls. Er spricht sich unermüdlich und deutlich für die Unabhängigkeit Tibets aus und hat einen unermesslichen Beitrag zur globalen Spiritualität erbracht.
Der Dalai Lama setzt sich stets intensiv für den friedfertigen, konstruktiven und mitfühlenden Dialog zwischen Menschen ein. Dazu führte er Vortragsreisen rund um den Globus und schrieb zahlreiche Bücher, in denen die Stellung des Buddhismus zu Fragen der Lebenspraxis und zur Natur des menschlichen Bewusstseins erläutert wird. 1989 erhielt er den Friedensnobelpreis, und seitdem sind ihm zahlreiche Ehrendoktorwürden westlicher Universitäten zuerkannt worden.
Im September 2014 veröffentlichte die Welt am Sonntag ein Interview, in dem der DalaiLama erklärte, dass er keine Notwendigkeit für einen Nachfolger mehr sehe, und dass die Institution des Dalai Lama nach einer 450-jährigen Tradition ihren Zweck erfüllt habe. Über seine nächste Wiedergeburt sagte er im selben Interview: „Als der erste Dalai Lama starb, sagten seine Schüler, dass er bereit sei, in eine himmlische Ebene weiterzuziehen. Er antwortete, er habe nicht den Wunsch, in eine himmlische Ebene zu ziehen. Er wolle an einem schwierigen Ort wiedergeboren werden, an dem er von Nutzen sein könne. Darum bete ich auch.“

Geboren in Taktser, Tibet, am 6. Juli 1935 (Sternzeichen Krebs/ Schwein)
Spiritueller Leiter und bis zu seinem Rücktritt im Jahr 2011 Oberhaupt der tibetischen Exil-Regierung

www.dalailama.com

 

2 – PAPST FRANZISKUS

Papst Franziskus (Geburtsname Jorge Mario Bergoglio) arbeitete kurzfristig als Chemietechniker und Türsteher in seiner Heimatstadt Buenos Aires, ehe er ins Priesterseminar eintrat. 1969 wurde er zum Priester geweiht, und 1998 wurde er der Erzbischof von Buenos Aires. Einen Monat nach der Abdankung von Papst Benedikt wurde er im März 2013 der 266. Papst der Katholischen Kirche – der erste Jesuit und der erste Südamerikaner in diesem Amt.
Er wählte den Namen Franziskus im Andenken an den Heiligen der Armen, Franz von Assisi. Der neue Papst rief kirchliche Amtsträger dazu auf, „Christus in den Armen zu dienen“, Elendsviertel aufzusuchen, Jugendliche einzuladen, Christus auch an den Rändern der Gesellschaft zu folgen und eine „Kultur der Begegnung“ aufzubauen, anstelle einer von „Wegwerfmentalität“ geprägten Kultur.
Franziskus, ein willensstarker Reformer der Kirche, ist auch ein scharfer Kritiker der gegenwärtigen Marktwirtschaft, die „das Geld vergöttert“ und „Gewalt durch soziale Ungleichheit“ verursacht, und in der der Mensch nur noch als Konsumgut behandeltund daher „nicht bloß ausgebeutet und unterdrückt, sondern wie Müll weggeworfen wird“.
Während einer Neujahrsmesse rief er die Menschen aller Kulturen und Nationen zum Kampf gegen moderne Formen der Sklaverei auf und betonte, dass alle Menschen Brüder und Schwestern seien, und alle das Recht haben, frei zu sein.

Geboren in Buenos Aires am 17. Dezember 1936 (Sternzeichen Schütze / Ratte)
Papst

http://w2.vatican.va/content/francesco/de.html

 

3 – DESMOND TUTU

Tutu wurde der erste schwarze anglikanische Erzbischof Südafrikas und erhielt 1984 den Friedensnobelpreis. Er ist eine Symbolfigur der Anti-Apartheid-Bewegung und hat sich aktiv für den Kampf gegen Aids, Armut, Rassismus und der Feindseligkeit gegen Homosexuelle eingesetzt. Er wies 2013 bei einer UN-Versammlung „religiöse Rechtfertigungen homophobischer Vorurteile“ zurück und erklärte, er würde „lieber zur Hölle fahren, als einen homophoben Gott zu verehren“. In jüngster Zeit ist er als ein Fürsprecher des assistierten Suizids hervorgetreten.
In seinem Buch „Gott ist kein Christ“ äußert er sich leidenschaftlich und provokativ zu brisanten politischen, sozialen und religiösen Themen und zeigt, dass Religion und Gesellschaft in unseren schwierigen Zeiten untrennbar verknüpft sind.

Geboren in Kierksdorp, Südafrika, am 7. Oktober 1931 (Sternzeichen Waage / Ziege)
Geistlicher und Aktivist

Desmond Tutu auf Wikipedia

 

4 – ECKHART TOLLE

Eckharts Bücher „Jetzt! Die Kraft der Gegenwart“ und das nachfolgende „Eine neue Erde“ sind weltweite Bestseller auf dem Gebiet des Body, Mind & Spirit.
Seine einfache aber tiefgründige Lehre hat unzähligen Menschen auf der ganzen Welt geholfen, tieferen inneren Frieden und größere Erfüllung in ihrem Leben zu finden. Er sieht sich keiner Tradition verpflichtet, steht aber den Lehren des Advaita Vedanta, Daoismus und Zen-Buddhismus nahe. Dass er nach seinem Erwachen seinen Vornamen von „Ulrich“ zu „Eckhart“ änderte, deutet auch auf seine Affinität zur christlichen Mystik hin.
Tolle spricht von unserer eigentlichen Natur, einem Sein, das sich in Stille und Gegenwärtigkeit offenbart: Nur im Jetzt ist das Leben wahrhaft erfahrbar – alles andere ist illusorisch. Er fordert uns dazu auf, ganz im Hier und Jetzt zu sein, und den pausenlosen Gedankenstrom des Verstandes, der unser wahres Selbst verdeckt, immer wieder zu unterbrechen. Diese Nicht-Identifikation mit dem Verstand führt zu einer Transformation des Bewusstseins – ein spirituelles Erwachen, das Eckhart als den nächsten Schritt in der menschlichen Evolution erachtet.

Geboren in Lünen am 16. Februar 1946 (Sternzeichen Wassermann / Ratte)
Spiritueller Lehrer und Autor

www.eckharttolle.de

 

5 – DEEPAK CHOPRA

Als Autor von über 50 Büchern über Ayurveda, ganzheitliche Medizin und Spiritualität hatte Chopra weltweit riesige Bestseller mit Titeln wie Heilung: Körper und Seele in neuer Ganzheit erfahren und Die sieben geistigen Gesetze des Erfolgs.
Er wurde als Mediziner in Indien wie auch den USA ausgebildet, arbeitete als erfolgreicher Internist und Endokrinologe, stellte jedoch fest, dass „der westlichen Medizin gleichsam die Seele fehlt.“ Jetzt verbindet er westliche Wissenschaft mit östlicher Weisheit. Er leitet ein holistisches Gesundheitszentrum in Kalifornien, hält Seminare und gibt Vorträge auf der ganzen Welt.

Geboren in New Delhi am 22. Oktober 1946 (Sternzeichen Waage / Hund)
Arzt, Autor, Redner

www.deepakchopra.com

 

6 – PAOLO COELHO

Als junger Mann rebellierte Coelho gegen die streng katholischen und konservativen Einstellungen seiner Eltern und experimentierte mit Drogen, reiste als Hippie durch Südamerika, Nordafrika und Europa, verfasste provokante Songtexte und arbeitete als Redakteur einer brasilianischen Untergrundzeitschrift.
Er lebte fünf Jahre in einem Orden in Spanien, wo er intensiv den christlichen Symbolismus der Anima Mundi, der Weltseele, die in allen Erscheinungen der Welt als symbolische Manifestation erfahren werden kann, studierte.
Coelhos Der Alchimist wurde vom portugiesischen Original in 80 Sprachen übersetzt und wird oft von spirituell orientierten Lesern als Lieblingsroman genannt. In dem Buch verarbeitete er seine jahrelangen alchimistischen Studien in eine symbolreiche Fabel, die den Leser ermutigt, seinen eigenen Lebenstraum zu erkennen und zu verwirklichen.

Geboren in Rio de Janeiro am 24. August 1947 (Sternzeichen Jungfrau / Schwein)
Schriftsteller

http://paulocoelhoblog.com/

 

7 – ALICE WALKER

Walker wurde international bekannt als Autorin des Romans Die Farbe Lila, für den sie mit dem American Book Award und Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde. Schon als Teenager war sie eine Aktivistin in der Bürgerrechtsbewegung zur Gleichberechtigung der Schwarzen in Amerika und nimmt heute immer wieder Stellung zu aktuellen und gesellschaftlichen Themen. Ihr schriftstellerisches Werk handelt oft vom schwierigen Leben afroamerikanischer Frauen und ihrem Kampf gegen rassistische und sexistische Unterdrückung und den Kräften, die sie aus ihrem familiären und kommunalen Zusammenhalt ziehen und von ihrem neu-gefundenen Selbstbewusstsein, das auf dem Wissen um ihre Geschichte und Tradition beruht und von einer tief-empfundenen Spiritualität genährt wird.

Geboren in Eatonton, Georgia, USA am 9. Februar 1944 (Sternzeichen Wassermann / Affe) Schriftstellerin und Aktivistin

http://alicewalkersgarden.com/

 

8 – RHONDA BYRNE

Nach einer Reihe von privaten und beruflichen Rückschlägen erlebte Rhonda Byrne 2004 eine tiefgreifende Einsicht in die Lebensprinzipien, die zu einer radikalen Wendung in ihrem Leben führte. Sie formulierte diese Erfahrung in dem Projekt The Secret – einem Bestseller, der in 46 Sprachen erschien, und einem weltweit erfolgreichen gleichnamigen Film. Rhonda Byrnes Kernbotschaft ist, dass wir alle in der Lage sind, über unser Leiden hinauszuwachsen, indem wir aufhören, uns von unseren negativen Gedanken beeinflussen zu lassen.

Geboren in Melbourne, Australien, am 12. März 1951 (Sternzeichen Fische / Hase)
Autorin und Filmproduzentin

www.rhondabyrne.com

 

9 – ALEJANDRO JODOROWSKY

Jodorowskys Werk überschreitet Kategorien und Medien: von Büchern über Philosophie, Selbsthilfe und Magie bis hin zu experimentellem Theater und Happenings, Filmen und Comics. Er ist am besten für seine Filme bekannt, die surreale Bildersprache mit mystischen Ideen verbinden. Er entwickelte sein eigenes spirituelles System des Psychoschamanismus und hat zahlreiche Beiträge über okkulte Ideen veröffentlicht. Als ein Experte über das Tarot hat er die ursprüngliche Form des Marseille-Tarots restauriert.

Geboren in Tocophilla, Chile am 17. Februar 1929 (Sternzeichen Wassermann / Schlange)
Regisseur und Autor

www.alejandro-jodorowsky.de

 

10 – OPRAH WINFREY

Aufgewachsen unter extrem schwierigen Umständen, ist Oprah heute eine der einflussreichsten Personen der Welt. Ihre Talkshow des amerikanischen Fernsehens hatte wöchentlich 21 Millionen Zuschauer in 105 Ländern. Sie hat zahlreiche spirituelle Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Eckhart Tolle, einer weltweiten Audienz bekannt gemacht. Sie gründete Wohlfahrtseinrichtungen wie The Angel Network und die Oprah Winfrey Leadership Academy for Girls, eine Schule für benachteiligte Mädchen aus verarmten Verhältnissen in Südafrika.

Geboren in Kosciusko, Mississippi, USA, am 29. Januar 1954 (Sternzeichen Wassermann / Schlange)
Talkshow-Moderatorin und Philanthropin

www.oprah.com

 

11 – MATTHEW FOX

Der amerikanische Priester und Theologe ist der bekannteste Vertreter der Schöpfungsspiritualität, die sich auf christliche Mystiker und Theologen wie Hildegard von Bingen, Thomas von Aquin und Meister Eckhart bezieht. Er tritt für alternativeFormen ökumenischer Gottesdienste ein, die auch Rituale der amerikanischen Ureinwohner und heidnische Naturrituale einbeziehen. Im Andenken an Martin Luthers Thesenanschlag im Jahr 1517 schlug Matthew Fox am Pfingstwochenende 2005 seine eigenen 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg, die zu einer neuen Reformation des Christentums aufrufen.

Geboren in Madison, Wisconsin, USA am 21. Dezember 1940 (Sternzeichen Schütze / Drache) Geistlicher und Autor

www.matthewfox.org

 

12 – LOUISE L. HAY

Louise Hay gehört zu den führenden Autoren der Neugeist-Bewegung und lehrt in zahlreichen Büchern, dass positives Denken zu einem positiven Leben führt, und negatives Denken Krankheiten und Probleme im Leben verursacht. Ihre Karriere als Bestsellerautorin begann nach ihrer Krebserkrankung, die sie zu einer spirituellen Reinigung motivierte. Ihre zahlreichen Bücher und Affirmations-CDs und Videos sind in 29 Sprachen übersetzt worden und haben eine weltweite Gesamtauflage von über 50 Millionen Exemplaren.

Geboren in Los Angeles am 8. Oktober 1926 (Sternzeichen Waage / Tiger)
Autorin, Rednerin, Verlegerin

www.louisehay.com

 

13 – JAGGI VASUDEV

Sadhguru Jaggi Vasudev ist der Autor von über 100 Büchern in 8 verschiedenen Sprachen. Er ist der Gründer der Isha Foundation, einer gemeinnützigen Organisation, die weltweit Yoga Programme anbietet und zahlreiche soziale und kommunale Entwicklungsprogramme unterstützt. Die Isha Foundation arbeitet mit weltweiten Organisationen zusammen und dient als Ratgeber für den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen. Sadhguru entwickelte Isha Yoga, eine Verbindung von Yoga Asanas, Pranayama und Shambhavi Mahamudra, einer Form von Yoga, die durchinnere Energieprozesse eine tiefgreifende Selbsttransformation herbeiführen soll.

Geboren in Mysore, Indien, am 3. September 1957 (Sternzeichen Jungfrau / Hahn)
Mystiker, Yogi, Autor und Philanthrop

http://isha.sadhguru.org/

 

14 – GRAHAM HANCOCK

Hancock ist Autor der weltweiten Bestseller Die Wächter des heiligen Siegels und Die Spur der Götter. Seine Bücher wurden weltweit über fünf Millionen Mal verkauft und in 27 Sprachen übersetzt und behandeln historische Mysterien, Megalith-Kulturen, Mythologien und astronomische und astrologische Zeichen aus der Vergangenheit. Ein zentrales Thema mehrerer seiner Bücher ist der von ihm vermutete globale Zusammenhang aller historischen Kulturen mit einer untergegangenen Hochkultur, die, infolge einer Art von kollektiver Amnesie, in der historischen Überlieferung keine Erwähnung mehr findet.

Geboren in Edinburgh, Schottland, am 2. August 1950 (Sternzeichen Löwe / Tiger)
Autor und Forscher

www.grahamhancock.com

 

15 – ARIANNA HUFFINGTON

Die griechisch-amerikanische Journalistin ist am besten als die Chefredakteurin der einflussreichen Online-Zeitung The Huffington Post und als „die Königin der Blogger“ bekannt. Sie ist eine wortgewaltige Fürsprecherin einer notwendigen Revolution unserer Kultur, unseres Denkens, unserer Arbeit und unserer Lebensweise. In ihrem BestsellerDie Neuerfindung des Erfolgs“ beschreibt sie wie Wohlbefinden, Weisheit, Staunen und Großzügigkeit einen Ausweg bilden, der uns wirklich weiter bringt.

Geboren in Athen, Griechenland, am 15. Juli 1950 (Sternzeichen Krebs / Tiger)
Journalistin und Autorin

http://ariannahuffington.com/

 

16 – ELIZABETH GILBERT

Gilbert arbeitete als Journalistin für The New York Times und ist am besten für ihr autobiographisches Buch Eat, Pray, Love: Eine Frau auf der Suche nach allem quer durch Italien, Indien und Indonesien bekannt, das in über 30 Sprachen übersetzt wurde. Es ist ein bewegender Bericht einer Reise durch die Welt zu sich selbst und eine anschauliche Beschreibung der Kunst, den Augenblick zu lieben. Ihr 2015 neuestes Buch Big Magic: Nimm dein Leben in die Hand und es wird dir gelingen ist ihre „Liebeserklärung an die Macht der Inspiration und Kreativität“.

Geboren in Waterbury, Connecticut, USA, am 18. Juli 1969 (Sternzeichen Hahn / Krebs)
Schriftstellerin

www.elizabethgilbert.com

 

17 – RAM DASS

Ram Dass alias Richard Alpert wurde zusammen mit seinem Kollegen Timothy Leary zuerst für seine Experimente mit bewusstseinsverändernden Drogen während seiner Lehrtätigkeit als Psychologie-Professor an der Harvard-Universität bekannt. 1967 reiste er nach Indien, wo er Meditationspraktiken und Yoga studierte und schließlich seinem Guru Neem Karoli Baba begegnete. Von ihm erhielt er den Namen Ram Dass („Diener Gottes“). 1971 veröffentlichte er sein Buch Be Here Now und bekam ein führender Wegbereiter für die Aufnahme östlicher Weisheitslehren in Amerika. 1997 erlitt er einen Schlaganfall, arbeitete bald darauf als Lehrer weiter und beschrieb seine Krankheitserfahrung und spirituellen Einsichten in dem Buch Die Reise geht weiter – Den Kreislauf von Leben und Tod annehmen.

Geboren in Newton, Massachusetts, USA, am 6. April 1931 (Sternzeichen Schütze / Ziege)
Spiritueller Lehrer und Autor

www.ramdass.org

 

18 – ROBIN SHARMA

Robin Sharma war ein erfolgreicher Anwalt, als er mitDer Mönch, der seinen Ferrari verkaufte einen Weltbestseller schrieb. Mittlerweile gilt er als einer der weltweit besten Personal Coaches und zählt u. a. Microsoft, Nike und IBM zu seinen Kunden. Seine 15 Bücher, die in über 60 Ländern veröffentlicht wurden, behandeln oft seine zentrale Botschaft: „Nicht das, was du tust und wer du bist, ist entscheidend; es zählt allein deine Bereitschaft, die Komfortzone zu verlassen und die Chancen zu nutzen, die sich ganz besonders in schwierigen Zeiten auftun.“

Geboren in Port Hawkesbury, Kannada, am 18. März 1965 (Sternzeichen Fische / Schlange)
Autor, Redner, Führungsexperte

www.robinsharma.com

 

19 – SRI SRI RAVI SHANKAR

„Sri Sri“ wurde zuerst als ein führender Vertreter der Transzendentalen Meditation bekannt und lehrte später das von ihm entwickelte Surdashan Kriya, eine Technik rhythmischen Atmens gegen Stress, Müdigkeit und negative Gefühle. Er ist ein international aktiver Friedensbotschafter und der Gründer von The Art of Living („Die Kunst des Lebens“), einer weltweiten Organisation, deren Mitglieder Spirituelles Stressmanagement anbieten und humanitäre Hilfe leisten. Shankar setzt sich auf internationalen Kongressen und Veranstaltungen für Frieden und interreligiösen Dialog ein.

Geboren in Papanasam, Tamil Nadu, Indien, am 13. Mai 1956 (Sternzeichen Stier / Affe)
Spiritueller Lehrer und Friedensaktivist

srisriravishankar.com

 

20 – KAREN ARMSTRONG

Die Autorin erfolgreicher Bücher wie „Die Geschichte von Gott“ und des zuletzt erschienenen „Im Namen Gottes: Religion und Gewalt“ war sieben Jahre lang katholische Ordensschwester, bevor sie ihren Orden verließ und Religionswissenschaft studierte und später lehrte. Sie zählt gegenwärtig zu den weltweit renommiertesten Religionswissenschaftlern und Islam-Experten und wurde von Kofi Anan als Botschafterin der UN-Initiative „The Alliance of Civilizations“ berufen, wo sie sich für religiöse Freiheit und Toleranz einsetzt. Neben zahlreichen internationalen Auszeichnungen erhielt sie 2009 den Dr.-Leopold-Lucas-Preis der Universität Tübingen.

Geboren in Wildmoor, England, am 14. November 1944 (Sternzeichen Skorpion / Affe)
Religionswissenschaftlerin

Karen Armstrong auf Wikipedia

 

21 – JON KABAT-ZINN

Kabat-Zinn ist emeritierter Professor an der University of Massachusetts Medical School, wo er Kurse in Achtsamkeitsmeditation einführte, um Patienten und Heilpersonal zu befähigen, besser mit Stress, Angst und Krankheiten umzugehen. Er entwickelte MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) „Stressbewältigung durch Achtsamkeitstraining“, ein systematisches Training, das Menschen hilft, „zur Besinnung zu kommen“, und das auch in Deutschland immer mehr Anhänger findet. Mit seiner Frau Myla schrieb er zuletzt ein Buch über die Praxis der Achtsamkeit in der Kindererziehung: „Mit Kindern wachsen: Die Praxis der Achtsamkeit in der Familie“.

Geboren in New York am 5. Juni 1944 (Sternzeichen Zwillinge / Affe)
Wissenschaftler und Meditationslehrer

www.mindfulnesscds.com

 

22 – MARIANNE WILLIAMSON

Marianne Williamson ist „spirituelle Aktivistin“, die es sich zur Aufgabe macht, den Kurs in Wundern zu verbreiten und in die Praxis umzusetzen. In den USA hat sie die Projekte The Peace Alliance und Project Angel Food gegründet und hält Vorträge in der ganzen Welt. Ihr Buch „Rückkehr zur Liebe“ wurde weltweit zum Bestseller. Das Buch lehrt Grundprinzipien wie Vertrauen, Hingabe, Vergebung und Furchtlosigkeit, und in einfacher und unsentimentaler Sprache macht es deutlich, dass unsere alltägliche Erfahrungswelt der wahre Schauplatz unserer Spiritualität ist.

Geboren in Houston, Texas, USA am 8. Juli 1952 (Sternzeichen Krebs / Drache)
Autorin und Aktivistin

marianne.com

 

23 – MARTIN SELIGMAN

Martin E. P. Seligman ist Professor für Psychologie an der University of Pennsylvania und ein weltweit bekannter Pionier der Positiven Psychologie . Die Zeitschrift Psychology Today nannte ihn den »Freud des 21. Jahrhunderts«. Zu seinen erfolgreichen Büchern gehören die bahnbrechende Studie Erlernte Hilflosigkeit und der Weltbestseller Der Glücks-Faktor: Warum Optimisten länger leben, der dem Leser dazu verhelfen will, ein positives Lebensgefühl zu entwickeln – denn „das Leben ist zu kurz, um unglücklich zu sein!“

Geboren in Albany, New York, USA, am 12. August 1942 (Sternzeichen Löwe / Pferd)
Psychologe

www.seligmaneurope.com

 

24 – RUPERT SHELDRAKE

Rupert Sheldrake ist als ein Querdenker unter den Naturwissenschaftlern bekannt geworden. Seine revolutionäre Thesen der Morphischen Felder und Morphischen Resonanz führen zu einem neuen biologischen Weltbild eines lebendigen, evolvierenden Universums mit einem ihm innewohnenden Gedächtnis. Ein vierjähriges Forschungsprojekt in Indien brachte ihn mit indischer Philosophie und Transzendentaler Meditation in Kontakt. In den letzten Jahren veröffentlichte er populäre Bücher über seine Studien parapsychologischer Phänomene in Menschen und Tieren, und sein letztes Buch Der Wissenschaftswahn ist eine umfassende, auf seinen Forschungenberuhende Kritik des materiellen Glaubenssystems vieler Wissenschaftler.

Geboren in Newark-on-Trent, England am 28. Juni 1942 (Sternzeichen / Krebs / Pferd)
Biologe und Autor

www.sheldrake.org/deutsch

 

25 – SAM HARRIS

Samuel Benjamin „Sam“ Harris ist ein US-amerikanischer Philosoph, Neurowissenschaftler, Schriftsteller und gefragter Debattenredner. Er ist besonders bekannt für seine These, dass Fragen der Ethik mit naturwissenschaftlichen Methoden untersucht werden können und sollten. Er gehört zu den bekanntesten Vertretern des Neuen Atheismus und sympathisiert mit den spirituellen Traditionen von Advaita Vedanta und Dzogchen, „da diese Lehren empirische Einsichten in die Natur des Bewusstseins vermitteln, ohne an religiöse Dogmen gebunden zu sein.“ Zu seinen ins Deutsche übersetzten Büchern gehören Das Ende des Glaubens: Religion, Terror und das Licht der Vernunft und Lying: Gibt es gute Lügen?

Geboren in Los Angeles, USA, am 9. April 1967 (Sternzeichen Schütze / Ziege)
Philosoph

www.samharris.org

 

Quelle: „Watkins Mind, Body, Spirit“ – deutsche Ausgabe, herausgegeben vom Watkins Magazine.

Hier finden Sie eine komplette Liste mit allen 100 Kurzbiographien:
www.WATKINSMAGAZINE.COM

Merken

Dieser Artikel Die 25 spirituell einflussreichsten Persönlichkeiten 2016 ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Multimedialer Onlinekurs mit Vadim Tschenze: Russische Energiemethoden

$
0
0
tschenze_kurs_neu

tschneze_text_kursEin multimedialer Onlinekurs mit Vadim Tschenze ab 24 Februar 2016.

Entdecken Sie in dem 4-wöchigen Online-Kurs „Russische Energiemethoden“ altes schamanisches Heilwissen, das bis vor Kurzem nur einem eingeweihten Personenkreis zur Verfügung stand. Der Erfolgsautor Vadim Tschenze führt fundiert in das umfassende Wissen seiner sibirischen Vorfahren ein und lehrt Sie Schritt für Schritt, welche Behandlungsmethoden die russische Energiemedizin für körperliche und seelische Blockaden bereithält. Gleichsam legt er die Ursachen vieler Krankheiten offen, um Sie zu befähigen, die eigenen Selbstheilungskräfte erfolgreich zu aktivieren, sodass Sie sich und andere von Leiden aller Art befreien können.
Sämtliche Kursinhalte werden dabei praxisnah anhand geführter Übungen vermittelt, sodass Sie das Gelernte sofort im Alltag umsetzen können.

Dauer: 4 Wochen

Preis: statt 129,00 € exklusiv nur für MYSTICA-Freunde für 99.00 €!!! Einfach bei der Anmeldung den Code MYVT0217 eingeben

Ein Angebot der Random House Verlagsgruppe.

Hier können Sie sich anmelden – anschließend den Code MYVT0217 eingeben.

 

 

Das bringt Ihnen der Kurs
* Vadim Tschenze, Geistheiler und Kosmoenergetiker aus Usbekistan, weiht Sie 4 Wochen lang in das uralte schamanische Heilwissen seiner sibirischen Vorfahren zur Energieprogrammierung ein.
* Lernen Sie mit dem Planetencode® das Geheimnis hinter Ihrem Geburtsdatum kennen und erhalten Sie wertvolle Impulse für Ihr Leben und Ihre Lebensaufgaben.
* Schöpfen Sie Energie und neue Lebenspower aus den traditionellen und altbewährten Ritualen von Baba Walja, der Großmutter Vadim Tschenzes: von geheimen Anti-Aging-Kräutern bis zur Arbeit mit Symbolen und der heiligen Geometrie.
* Finden Sie heraus, wie Sie mithilfe von Geheimzeremonien, der schamanischen Chakra-Uhr, dem Numerologie-Test, Gebeten sowie der Arbeit mit Ikonen Ihren Körper und sein Energiekostüm mit Ihrer Seele in Einklang bringen.
* Erfahren Sie mehr über die russische Magiemethode der Vetucha mit leicht erlernbaren Techniken zur Selbstheilung.
* Aktivieren Sie Ihre Lebensenergie, indem Sie sich von Verwünschungen und Fremdenergien befreien und Ihre Lichtkörperprozesse verstehen und nutzen.
* Profitieren Sie von Vadim Tschenzes umfassendem Wissen zur Energiearbeit nach russischer Tradition, um Ihr Selbstheilungspotenzial auf allen Ebenen zu mobilisieren –für ein gesünderes und erfüllteres Leben.

Erleben Sie die geheime Lehre aus Russland und lernen Sie Ihren Körper, Ihr Energiekostüm und Ihre Seele zu verstehen und die ihnen innewohnenden Kräfte zu nutzen.

 

Die 4 Module des Kurses:

Modul 1: PLANETENIMPULSE FÜR IHR LEBEN … beruht auf dem Planetencode® und einem alten numerologischen System. Mithilfe der Geburtszeit eines Menschen werden die Planeten des Sonnensystems bestimmten Zeichen zugeordnet. Anhand spezifischer Berechnungen lässt sich ableiten, wie die Planetenkonstellation Ihr Leben beeinflusst. Gleichsam lernen Sie die Frequenzen der Himmelskörper für Ihr Wohl einzusetzen.

Modul 2: ENERGIEMEDIZIN MIT KRÄUTERN … Erkennen und aktivieren Sie Ihre inneren Kräfte mithilfe von Kräutern aus Europa, Russland sowie dem Ayurveda! Lernen Sie die wirksamsten Kräuter für spezifische Probleme kennen und werden Sie zum Experten, wenn es darum geht, Kräuter selbst vorzubereiten und zu verwenden. Seltene Naturzutaten und geheime schamanische Kräuter stehen dabei neben Ihren immensen Heilwirkungen im Fokus.

Modul 3: ENERGIEPROGRAMMIERUNG MIT VETUCHA-WISSEN … Vetucha ist die älteste und natürlichste Heilmethode der Menschheit. Diese weißmagische Energiearbeit der russischen Schamanen und Priester ermöglicht es, Blockaden in den Chakren und dem Aurafeld sowie karmische Muster nachhaltig zu lösen. Das Praxisprogramm lässt sich leicht umsetzen und umfasst Gebete, Räuchern, die Arbeit mit Ikonen und Geheimrituale der Vetucha.

Modul 4: ENERGIEÜBUNGEN UND HEILMEDITATION … Alles atmet und besitzt eine eigene Energie. Diese Energien tauschen sich miteinander aus, kommunizieren und werden aufgenommen oder abgegeben. Erleben Sie, wie Sie mithilfe einfacher Übungen Blockaden lösen können, sich die Energiehülle Ihres Körpers schützen lässt und erfahren Sie mehr zur Wirkweise von Edelsteinen bei der Aura-Stärkung.

Hier können Sie sich anmelden – anschließend den Code MYVT0217 eingeben zum Vorzugspreis von 99.00 € statt regulär 129.00 €.

 

Benötigte Zeit: Der Kurs dauert 4 Wochen. 1-mal wöchentlich (freitags) erhalten Sie ein Video zum Download. Zum Anschauen des Videos sowie zum Ausführen der angeleiteten Übungen brauchen Sie jeweils ca. 60 Minuten Zeit. Zwischen den 4 Video-Kursen gibt es jede Woche kleine „Hausaufgaben“, die täglich wenige Minuten in Anspruch nehmen und die Sie per E-Mail erhalten oder in der Facebook-Gruppe zum Kurs gepostet werden.

Exklusiv für Sie
Bonus #1: Persönliche Begleitung von Vadim Tschenze über 4 Wochen – über Video, E-Mail und in der Online-Community.
Bonus #2: Der Kurs ist lebenslang wiederholbar, da als Download verfügbar.
Bonus #3: Austausch mit anderen Teilnehmern in geschlossener Facebook-Gruppe.
Bonus #4: Jeder Teilnehmer erhält das Buch „Vadims Methode“, die ersten 30 Teilnehmer bekommen ein handsigniertes Exemplar.
Bonus #5: Nach erfolgreichem Abschluss erhalten Sie ein Kurs-Zertifikat.

 

Hier können Sie sich anmelden – anschließend den Code MYVT0217 eingeben zum Vorzugspreis von 99.00 € statt regulär 129.00 €.

Ein Angebot der Random House Verlagsgruppe.

Merken

Merken

Merken

Dieser Artikel Multimedialer Onlinekurs mit Vadim Tschenze: Russische Energiemethoden ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Multimedialer Onlinekurs mit Jana Haas ab 27.1.2017: Mein Seelenplan – Der Schlüssel zur Erkenntnis, Liebe und Glück

$
0
0
haassliderevent

haasbildEin multimedialer Onlinekurs mit Jana Haas ab 27 Januar 2016.

Erleben Sie Jana Haas 4 Wochen lang in dem multimedialen Online-Kurs „Mein Seelenplan – der Schlüssel zu Erkenntnis, Liebe und Glück“ und finden Sie heraus, welche Mysterien sich hinter dem Seelenplan verbergen und welche Aufgaben Ihre Seele für Sie bereithält. Durch das Verständnis dieser Zusammenhänge können Sie sich von Blockaden befreien und Ihre liebevollen Herzkräfte aktivieren, sodass sich der Zugang zu einem lichtvollen Lebensweg öffnet.

In vier umfassenden Videomodulen gewährt die Bestsellerautorin tiefe Einblicke, wie es gelingen kann, mithilfe der Liebe zur Schöpfung und zu unseren Mitmenschen dieser inneren Leitung zu folgen, an deren Ende mehr Liebe, Wertschätzung und Vertrauen stehen. Sämtliche Kursinhalte werden dabei praxisnah anhand geführter Übungen vermittelt, sodass Sie das Gelernte sofort im Alltag umsetzen können.

Dauer: 4 Wochen

Preis: statt 99,00 € exklusiv nur für MYSTICA-Freunde für 79.00 €!!! Einfach bei der Anmeldung den Code MYJH0117 eingeben

Ein Angebot der Random House Verlagsgruppe.

Hier können Sie sich anmelden – anschließend den Code MYJH0117 eingeben

 

Das bringt Ihnen der Kurs
* Jana Haas, seit ihrer Kindheit hellsichtig, lädt Sie 4 Wochen lang ein, Ihren eigenen Seelenplan mit seinen Entwicklungsaufgaben kennenzulernen und zeigt Ihnen Wege, diese umzusetzen.
* Profitieren Sie von Jana Haas’ tiefem Wissen über die geistigen Zusammenhänge und den Sinn des Lebens sowie die Unterstützungsmöglichkeiten für uns alle aus den nicht physischen Welten.
* Erfahren Sie die Gesetzmäßigkeiten des Seelenplans und lassen Sie alte hinderliche Muster hinter sich, um sich der Fülle des Daseins zu öffnen.
* Entdecken Sie, wie Sie mit der reinen Quelle der Liebe und Schöpferkraft in Verbindung treten können, sodass Liebe in Ihr Leben strömt.
* Erwecken Sie über Meditationen und Übungen Ihr Schöpferpotenzial und fördern Sie Ihre geistige Anbindung mithilfe achtsamer Kommunikation.
* Werden Sie zum aktiven Gestalter Ihres eigenen Schicksals, indem Sie Ihre Gedanken bewusst nutzen und einsetzen.
* Verwandeln Sie Stressenergien in Wachstumschancen, lernen Sie, auch hinter vermeintlichen Schwächen Ihre Stärken zu ergründen.
* Finden Sie heraus, wie Sie Ihre Beziehungen heilen können, zu sich selbst und zu anderen, um sich in harmonischer Verbundenheit zu entfalten.

 

Die 4 Module des Kurses:

Modul 1 – MEIN SEELENPLAN
Was ist ein Seelenplan, welchen Gesetzmäßigkeiten gehorcht er, welche Aufgaben hält er für jeden von uns bereit? Und wie gelingt es uns, diese zu erkennen und im Alltag umzusetzen, sodass wir im Einklang mit den Bedürfnissen unserer Seele leben? Diesen Fragen widmet sich Jana Haas im ersten Modul.

Modul 2 – SCHICKSAL UND SEELENPLAN
Wie beeinflusst der Seelenplan unser Schicksal? Was ist vorherbestimmt und was liegt in unserer eigenen Verantwortung? Wie können wir unser Schicksal aktiv selbst gestalten und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken? Auf diese Punkte geht die Autorin im zweiten Modul ein.

Modul 3 – SELBSTLIEBE UND SEELENPLAN
Wie schaffen wir es, uns selbst liebevoll anzunehmen, durchdrungen von Wertschätzung, Verständnis und zugleich auch unseren Mitmenschen mit Vertrauen und Anteilnahme zu begegnen? Wie bringen wir Heilung in unser Leben, wie kommen wir vom Gefühl des Mangels in ein Bewusstsein der Fülle, aus dem heraus sich das Glück mit Händen greifen lässt, sodass wir unser Leben in vollen Zügen genießen? Mithilfe der sieben Schritte zur Selbsterkenntnis lädt Jana Haas Sie ein, im dritten Modul zusammen mit ihr die Antwort zu finden.

Modul 4 – SCHUTZENGEL UND SEELENPLAN
Wie können wir uns von unserem Seelenplan auch mal tragen lassen und welche Bedeutung kommt dabei unserem Schutzengel zu? Und besitzt eigentlich jeder Mensch einen Schutzengel? Wenn ja, wo kann ich ihm begegnen und wie kann ich ihm vertrauen? Im vierten und letzten Modul erfahren Sie etwas über die besonderen Prinzipien der himmlischen Hierarchie und auf welche Weise Sie mit Gottes Lichtwesen kommunizieren können.

Hier können Sie sich anmelden – anschließend den Code MYJH0117 eingeben

 

Benötigte Zeit: Der Kurs dauert 4 Wochen. 1-mal wöchentlich (freitags) erhalten Sie ein Video zum Download. Zum Anschauen des Videos sowie zum Ausführen der angeleiteten Übungen und Meditationen brauchen Sie jeweils ca. 75 Minuten Zeit. Unter der Woche gibt es kleine optionale „Hausaufgaben“, die dazu dienen, die Kursinhalte zu ergänzen.

Exklusiv für Sie
Bonus #1: Jana Haas gibt regelmäßig Impulse zur Vertiefung der Kursinhalte in der geschlossenen Facebook-Gruppe.
Bonus #2: Der Kurs ist lebenslang wiederholbar, da als Download verfügbar.
Bonus #3: Austausch mit anderen Teilnehmern in geschlossener Facebook-Gruppe.
Bonus #4: Jeder Teilnehmer erhält das Buch „Der Seelenplan“, die ersten 30 Teilnehmer bekommen ein handsigniertes Exemplar.

 

Ein Angebot der Random House Verlagsgruppe.

Hier können Sie sich anmelden – anschließend den Code MYJH0117 eingeben.

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Merken

Dieser Artikel Multimedialer Onlinekurs mit Jana Haas ab 27.1.2017: Mein Seelenplan – Der Schlüssel zur Erkenntnis, Liebe und Glück ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Meine Erinnerung an mein letztes Leben – Roman Oberholzer

$
0
0
erinnerung_roman-oberholzer_mystica_tv2
erinnerung_roman-oberholzer_mystica_tv

© Esnemahu / photocase.de

Manchmal ist das Leben wie ein Buch voller Rätsel, das einem zusammengewürfelte Erinnerungen vor die Füße wirft. Anschaulich und ehrlich berichtet ein junger Mann, wie es dazu kam, dass Meditation, Krankheit, Ausschwitz und die Unsterblichkeit als ebenso scheinbar nicht zueinander passende Teile eines rätselhaften Puzzels zu seinem neuen erfüllten Leben führten und ein altes Leben spiegelten.

von Roman Oberholzer

 

 

Wann es genau angefangen hatte mit dem Erinnerungsprozess, den ich folgend beschreibe, kann ich bis heute nicht richtig sagen.

Dass sich etwas mit mir zu verändern begann, wurde mir das erste mal nach meiner Schilddrüsen-Erkrankung bewusst. Im Alter von ca. 31 Jahre bemerkte ich, dass ich immer dünner wurde, extrem zitterige Knie hatte und extrem reizbar war. Dies veranlasste mich nach langem hinauszögern, einen Arzt aufzusuchen. Dieser diagnostizierte anhand den Blutwerte Schilddrüsenüberfunktion. Er verschrieb mir ein Medikament, welches mich wieder in die „Balance“ bringen sollte. Nach einem Jahr erfolgloser Behandlung bei meinem damaligen Hausarzt reichte mich dieser an einen Schilddrüsen-Spezialisten weiter. Manchmal waren die regelmässig gemessenen Werte der Schilddrüse gut, manchmal auch nicht. Nach 5 Jahren medikamentöser Behandlung entdeckte der Arzt mittels Ultraschall auf der Schilddrüse auch Knoten. Dies veranlasste ihn zu sagen, dass es so nicht weiter gehen könne. Er meinte, dass es wohl besser sei, die Schilddrüse zu entfernen.

Dieser ärztliche Vorschlag stieß in mir jedoch sogleich auf großen Widerstand. Wieso soll ich mir denn die Schilddrüse einfach rausschneiden lassen? Das ist doch auch ein Teil von mir. Brauche ich denn diesen Körperteil nicht? Dies sind nur einige wenige der vielen Fragen, welche mir sogleich durch den Kopf gingen.

Fest entschlossen, mich der ärztlichen Meinung zu widersetzen, begann ich mir Gedanken zu machen, was ich bei mir ändern könnte. Als erstes entschloss ich mich, nicht mehr gleich um sieben Uhr mit der Arbeit zu beginnen. Nein, ich wollte immer zuerst eine halbe Stunde in der Natur mit einem ruhigen Spaziergang starten. Meine Frau riet mir, ich könne ja auch versuchen bewusster zu atmen. Diese Idee setzte ich dankend um und ergänzte diese sogar, indem ich beim Einatmen immer an Liebe dachte und beim Ausatmen immer an Frieden. Wie gross war meine Überraschung, als ich bemerkte, wie sich innerhalb von zwei Wochen meine Schilddrüse zu erholen schien, so stark, dass ich sogar den Mut fasste, einfach mal das Medikament, welches die Schilddrüse regulieren sollte, abzusetzen um zu beobachten, was passieren würde. Und siehe da, die Schilddrüse blieb stabil!

Als ich ein paar Tage später wieder beim Schilddrüsen-Spezialisten zur Kontroll-Untersuchung erschien, wurden sogleich meine Blutwerte untersucht. Der Arzt kam kopfschüttelnd aus dem Laborraum. Nein, das könne nicht sein, ich sei ja ein völlig anderer Mensch. Ob ich denn wirklich Herr Oberholzer sei, fragte er sich leicht verwirrt. Aber meine Werte und meine Erscheinung gaben mir recht. Ich war geheilt. Mein Wille, meine „Gehmeditationen“ und meine kleine Änderung hatten bei mir Grosses bewirkt: Meine Schilddrüse funktionierte nach Jahren endlich wieder normal, dies dank Selbstheilung innerhalb von zwei Wochen. Ich erkannte nun schon ansatzweise, wozu wir Menschen fähig sind.

In der Folge entschied ich mich, einen Tag in der Woche weniger zu arbeiten, um das Leben, die Umwelt mehr zu geniessen und wahr zu nehmen. Dies, obwohl ich selbstständig war. Ich war als Architekt tätig. Die Arbeit machte mir, äusserlich gesehen, Spass und erfolgreich war ich in dieser Tätigkeit auch. Trotzdem, ich wusste durch die Erfahrung mit der Schilddrüse, dass ich die Arbeit nicht mehr so wichtig nehmen sollte.

Es dauerte nicht lange, als schon die nächste Herausforderung auf mich zukam. Bei meiner Frau Monika zeigten sich immer häufiger Depressions-Erscheinungen. Auch sie war selbstständig. Während ihrer Arbeit erlitt sie immer häufiger Schwindelanfälle. Sie war so besorgt, dass auch sie den Arzt aufsuchte. Zuerst den Hausarzt, bis sie von Spezialist zu Spezialist weitergereicht wurde. Jeder Arzt meinte eine auf seinem Gebiet liegende Krankheit zu erkennen. Dies machte meine Frau nur leidender. Wie sollte sie auch nur mit all diesem Elend umgehen können, und dies noch unter dem starken Arbeitsdruck, der auf ihr lastete?

Als die Depressionen immer stärker wurden, suchte sie in ihrer Not noch einen Psychiater auf. Dieser wühlte ein paar mal in ihrer Vergangenheit, bis er sie fragte, ob sie bereit sei, auch Psychopharmaka zu nehmen. Monika war entsetzt. Nie würde sie so etwas nehmen wollen, zu negativ waren die Erfahrungen, die sie mit der psychiatrischen Behandlung ihrer besten Freundin in jungen Jahren gemacht hatte.

Wir setzten uns eines Abends zusammen, um uns gemeinsam Gedanken zu machen, was wir in unserem Leben ändern könnten, in der Hoffnung, den Zustand von Monika zu verbessern. Wir wussten ja damals nicht, was die Ursachen der Depressionen hätten sein können. Aus diesem Grund versuchten wir einfach alles aus unserem Leben wegzulassen, was wir dachten, was eine Belastung für Monika sein könnte. Der Fernseher wurde entsorgt, Abos von Zeitungen wurden gekündigt. Wir lasen uns gegenseitig aus spirituellen Büchern vor.

Trotzdem, die Depression wurde nicht schwächer. Traurigerweise war sie sogar von Selbstmordgedanken begleitet. Ich versuchte sie immer wieder aufzuheitern, ihr aufzuzeigen, wie lebenswert doch das Leben sei. Manchmal mit Erfolg, häufig jedoch auch ohne. Es schien sich immer mehr zu zeigen, dass es sich bei Monika um ein Burn-Out handelte.

Nun begann Monika Yoga zu machen. Gleichzeitig versuchte sie zu meditieren. Um sie in keiner Situation alleine zu lassen und auch aus Liebe zu ihr begleitete ich sie in ihren „Meditationsversuchen“, denn wir hatten damals keine Ahnung was Meditieren überhaupt ist. Ich belächelte sogar bis dahin die Meditation und die Meditierenden.

An jenen ersten Versuch mag ich mich jedoch noch bis heute gern erinnern. Es war eine Art Initiation für mich. Ich schloss einfach mal die Augen und versuchte ruhig zu atmen. Sogleich erschien in mir ein weisses Licht. Es war unglaublich schön und auch so faszinierend. Irgendwie hatte es in mir ein Feuer entfacht. Ich wollte in der folgenden Zeit keinen Tag mehr ohne Meditation verstreichen lassen.

 

Vision

An einem der folgenden Tage zeigte sich während der nun alltäglichen Meditation plötzlich ein Bild in mir, ähnlich einem Standfoto. Aus reiner Neugier skizzierte ich dieses in ein Buch. Ich wusste nicht, woher das Bild kam. Ich sah einen hohen Stacheldrahtzaun, welcher von Betonstützen getragen wurde. Ebenso sah ich einen hölzernen Wachturm, besetzt von mit Gewehren bewaffneten Männern. Ausserhalb des Stacheldraht-Zaunes sah ich einen Mann wegrennen. Es sah nach Flucht aus.

Ein paar Wochen später entschieden meine Frau und ich, aufgrund einer Zeitungsanzeige an einer Gruppenmeditation teilzunehmen. Einmal ging es darum, dass wir unsere Geistführer kennenlernen sollten. Meiner zeigte sich als Condor-Vogel mit dem Namen „Krakau“. Ich fand das spaßig.Unsere junge Meditationsleiterin schien dies als allgemeine Stimmung wahrzunehmen, denn sie fügte der Meditationsrunde lächelnd hinzu, wir sollten nur unserer Eingebung vertrauen. Und falls noch Unsicherheiten da wären, so würden wir sicher innerhalb einer Woche eine Bestätigung erhalten.

Am nächsten Tag traf ich mich anlässlich einer Arbeitssitzung mit einem Bauteam in Zürich. Eine junge deutsche Frau, Mitglied der Baufirma, sagte mir so beiläufig beim Essen: „Roman, warst Du schon mal in Krakau? Geh doch mal dorthin, es ist so eine schöne Stadt!“ Sie habe eben erst ein paar wunderschöne Tage dort verbracht.

Ich war sprachlos. Betreffend meinem Geistführer hatten sich alle Zweifel in Luft aufgelöst. Nur, was für eine Bedeutung soll Krakau für mich haben?

Die folgenden Sommerferien verbrachten meine Frau und ich in Griechenland. Mit der Auto-Fähre fuhren wir von Ancona (Italien) nach Patras (Griechenland). Die Überfahrt dauerte fast 24 Stunden. Eine Nacht schliefen wir sogar auf dem Schiff. Weil ich damals sehr früh erwachte und auch nicht mehr schlafen wollte, entschied ich mich, ein bisschen auf dem Deck spazieren zu gehen, um den Sonnenaufgang bewundern zu können und vor allem, um meine Frau noch in Ruhe schlafen zu lassen.

Auf dem Deck entdeckte ich eine Landkarte mit den verschiedenen Schiffsrouten. Neugierig studierte ich diese. Da bemerkte ich, dass auch ein grosser Ausschnitt von Europa darauf abgebildet war. Ich schaute, wo sich denn dieses Krakau in Europa befinde. Der Name Krakau hatte sich bis dahin noch nicht aus meinen Gedankenbildern verabschiedet.

Tatsächlich hatte ich die Stadt in Polen entdeckt. Meine Augen wanderten noch ein bisschen weiter um Krakau herum. Und was dann geschah, veränderte mein Leben radikal. Ich war auf das Wort Auschwitz gestossen. Und dieses Wort löste in mir enorme Heulkrämpfe und körperliche Zitterbeben aus. Sofort wusste ich, dass mein letztes Leben dort dramatisch geendet hatte. Wie genau das geschah, kann ich nicht sagen, höchstens vermuten. Das Wort Auschwitz wirkte wie ein Trigger auf mich und meine tief vergrabenen Erinnerungen. Doch der Moment schien richtig und wichtig zu sein, um die alte gespeicherte negative Emotionalität loszulassen und zu vergeben.

Ich weinte und weinte. Gleichzeitig ergoss sich aber über mich eine enorme Liebe. So etwas hatte ich bis dahin noch nie erlebt, erfahren, gespürt oder was auch immer. Die Liebe war so immens gross, sodass ich mich auch im gleichen Moment enorm demütig und zugleich dankbar fühlte. Ich fühlte mich so klein und doch wieder so stark. All diese schwer zu beschreibenden Gefühle auf einmal. Die immense Liebe, welche in jenem Moment auf mich einwirkte, trug mich wie auf Flügeln durch diesen intensiven Moment. War es Gott? War es die Christus-Energie?

In weiter Ferne zeigte sich mir auf Augenhöhe eine Art Lichterscheinung in Regenbogenfarben, schwebend über dem Meer. Kurz darauf verschwand sie so schnell, wie sie gekommen war. Wer oder was das war, weiss ich bis heute noch nicht.

Nach einer halben Stunde beruhigten sich meine Emotionen. Ich wusste, dass sich soeben ein enormer Schmerz von mir verabschiedet hatte. Ich fühlte mich so unglaublich frei, gestärkt und vor allem angstfrei. Ich wusste nun, dass wir unsterblich sind. Dass es keinen Tod gibt, zumindest nicht so, wie es uns in unserer westlichen, materialistischen Welt immer wieder vermittelt wird.

Von nun an sah ich die Welt mit anderen Augen.

In Folge jenes Erlebnisses zeigten sich einige Begleiterscheinungen, welche bis heute geblieben sind. So habe ich bemerkt, dass ich seit jener Zeit als eine Art Heilkanal wandle. Es kommt zum Beispiel immer wieder vor, dass ich einem meistens mir unbekannten Menschen begegne, der irgend eine gewisse Energie benötigt, um weiterzukommen. So tritt in der Begegnung augenblicklich eine sehr starke Energie in mich ein, welche an das „Gegenüber“ weitergereicht wird. Diese in mich eintretende Energie ist dann jeweils so hoch, dass ich sogleich zu weinen beginne und mich enorm demütig fühle.

Wie das im Detail geschieht, verstehe ich bis dato nicht bewusst. Ich kann es nur erahnen. Ebenso zeigt sich seither bei mir eine Hellfühligkeit. Symptome, welche andere Menschen hatten, zeigten sich nun auch an meinem Körper, wobei ich davon ausgehe, dass dies im feinstofflichen Bereich übertragen wird, als wären Wände nicht trennend.

 

Erinnerungen

Seit dem Erlebnis auf dem Schiff waren ein paar Wochen vergangen. Als ich eines Tages im Begriff war, mein Auto aus der Garage zu holen, entdeckte ich erstaunt ein nicht eingelöstes Ticket für ein Museum, welches sich in Gehdistanz zu meinem Wohnort befand. Es war ein Museum, das mich bis dahin noch nie interessiert hatte.

Aber nun, im Zusammenhang mit den genannten Ereignissen erstaunte mich das Ticket schon sehr, denn das Museum ist ein Polenmuseum. Ein Museum über bedeutende polnische Persönlichkeiten. Im ersten Moment kamen in mir aber schon wieder Zweifel auf. So ein Ticket kann ja auch zufällig vor meiner Garagentür liegen geblieben sein. Ich hob es aber trotzdem auf und nahm es mit nach Hause. Bald schon geriet das Ticket irgendwo zwischen meinem Papierkram in Vergessenheit.

Einige Wochen später fand ich vor meiner Garagentüre wieder unbenutzte Tickets für das Polenmuseum, drei Stück. Nun ging ich hin. Im Museum, welches sich im alten, ehrwürdigen Schloss von Rapperswil befindet, angekommen, sah ich, dass zu verschiedenen Persönlichkeiten aus Polen Gegenstände ausgestellt waren.

Ich schlenderte ich ein bisschen durch die Räume. Am Ende des Museums sah ich, dass ein alter Wehrgang noch weiterführte. In einer versteckten Nische entdeckte ich ein KZ-Gewand eines Auschwitz-Häftlings. Neben der „Uniform“ hing noch ein Stück Papier. Die Todesurkunde des Häftlings! Als ich die Buchstaben auf dem Papier las, explodierte in mir wieder etwas, sodass ich in Heulkrämpfe verfiel. Ähnlich wie dazumal auf dem Schiff. Der Name des Häftlings war wieder als Trigger für tief gespeicherte Emotionen und altes Wissen entscheidend. Ach war mir dies peinlich, wie ich da im Museum weinte. Ich hoffte nur, dass mich niemand sah oder schlimmer sogar, mich kannte. Aber ich konnte das Weinen einfach nicht abstellen.

Ich hatte nun tatsächlich meine eigene Todesurkunde aus meinem letzten Leben vor mir! Mit Namen und allen Daten! Und dies unweit von meinem Wohn- und Geburtsort. Wären die Emotionen nicht da gewesen, ich hätte diese Entdeckung nicht gemacht, ja ich hätte es nicht einmal geglaubt. Aber tief in mir war das Wissen und die Verbundenheit. Ich kannte nun auch die Geschichte über mein letztes Leben, ich sah, dass das Bild welches ich in jener Meditation empfangen hatte, ein Schlüsselbild aus meinem letzten Leben war. Denn die Fluchtsituation, welche sich mir als Bild in der Meditation zeigte, war der Auslöser für meinen letzten Tod.

Zusätzlich erstaunte mich die Entdeckung, dass ich im letzten Leben die genau gleichen Geburtsdaten hatte, wie meine jetzige Frau (ich im letzten Leben: 08.01.1894 – Quersumme Jahr: 4 / meine Frau Monika: 08.01.1975 – Quersumme Jahr: 4). Ebenso entdeckte ich, dass der Name meiner Frau und meines letzten Lebens numerologisch auch genau die gleiche Quersumme aufweist! Für mich war dies ein weiterer Beweis, dass das Erlebte wahrhaftig ist. Meine letzten Zweifel waren so auch aus meinem Verstand entfernt worden.

Für mich war nun klar: Es gibt keine Zufälle im Leben!

So wurde mir bewusst, wieso ich zum Mühsal meiner Eltern als kleines Kind fast nie Essen wollte: Ich hatte die letzten Tage meines letzten Lebens im Hungerbunker des KZ Auschwitz verbracht.

Ebenso wurde mir klar, wieso ich mich mit neun Jahren immer und immer wieder über Bücher und Chroniken hermachte, die Erklärungen, Augenzeugenberichte und anderes vom 2. Weltkrieg, Hitler und vor allem den KZ’s beinhalteten. Ich wollte es verstehen.

 

Heute

Diese Erinnerung an mein letztes Leben gab mir ein so starkes Vertrauen ins Leben. Ich weiss nun bewusst, dass die Reinkarnation Tatsache ist. Und diese Wahrheit hat mein Leben wahrhaft verändert. Es hat mich freier gemacht. Auch freier von Angst.

Gerne möchte ich diese Tatsache den Menschen weitergeben. Denn ich denke, dass die grösste Angst des Menschen der Tod selbst ist. Die meisten Menschen wissen nicht, was nachher kommt. Ich möchte mit dieser Geschichte hoffentlich ein wenig die Angst vor dem „Tod“ nehmen.

Die Erlebnisse führten mich dazu, mein Leben bewusster und verantwortungsvoller zu leben. Ich schämte mich, wie ich vor meinen Erlebnissen doch etliche Momente verschwendet hatte und es auch Handlungen meinerseits gab, welche ich zutiefst bereute. Ich kann nicht sagen, dass ich heute fehlerlos bin, doch ich gebe mehr Acht, wie ich mich verhalte, gegenüber mir selbst als auch gegenüber der Umwelt. Ich weiss nun, dass ich mich mit meinem Verhalten selbst richte. Mit meinen Handlungen gebe ich mir selbst die Richtung meiner Zukunft vor.

Einiges hat sich seit meinen ersten Erlebnissen bei mir verändert. So habe ich mich entschieden, mich mehr der Musik als der Architektur zu widmen, da ich darin eine starke Verbindung zum Herzen entdeckt habe. Unter dem Pseudonym Jamua komponiere ich heute Lieder, welche meine Erfahrungen auf eine gewisse Weise weitergeben.

Das neugierige Forschen am Sein, wer wir sind, hat bei mir heute den grössten Stellenwert im Leben. Interessant ist, dass ich immer wieder in regelmässigen Abständen etwas für mich Neues und bewusstseinserweiterndes Wissen entdecken darf. Um was es sich dabei handelt, möchte ich gern ein anderes Mal nachholen.

Ich bin Gott, der grossen Liebe so enorm dankbar, für Alles.

 

Über Roman Oberholzer

Für Anregungen, Anfragen oder einfach nur Austausch ist der Architekt und Musiker (alias Jamua) über info@jamua.net erreichbar. www.jamua.net

Merken

Merken

Merken

Dieser Artikel Meine Erinnerung an mein letztes Leben – Roman Oberholzer ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Ich lese, also bin ich – Roland Rottenfußer

$
0
0
Lesen_Roland_Rottenfußer_MYSTICA2
Lesen_Roland_Rottenfußer_MYSTICA

© spacejunkie / photocase.de

Die gute Nachricht: Lesen stirbt nicht aus; die schlechte ist: Es verändert sich – radikal und nicht immer zu seinem Vorteil. Speed-Reading, Info-Smog, E-Book und Content-Fast-Food sind für Lesefähigkeiten wie Konzentration und Vertiefung Gift. Vor allem schwindet die Fähigkeit, Erlesenes mitschöpferisch vor dem inneren Auge entstehen zu lassen – somit ein wichtiger Teil unseres seelischen Reichtums. Ein Plädoyer für eine „altmodische“ Kulturtechnik.

von Roland Rottenfußer

 

 

 

„Wer niemals ganze Nachmittage lang mit glühenden Ohren und verstrubbeltem Haar über einem Buch saß und las und las und die Welt um sich her vergaß, nicht mehr merkte, dass er hungrig wurde oder fror – Wer niemals heimlich im Schein einer Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen hat, weil der Vater oder die Mutter oder sonst irgendeine Person einem das Licht ausknipste mit der gutgemeinten Begründung, man müsse jetzt schlafen (…) der wird wahrscheinlich nicht begreifen können, was Bastian jetzt tat.“

Vielleicht kennen viele dieses schöne Zitat über das Lesen. Es ist aus Michael Endes „Die unendliche Geschichte“. Und vielleicht wissen viele Leserinnen und Leser auch, was mit Bastian, dem Helden der Buchs weiter geschah: Er stieg buchstäblich in die Geschichte ein, wurde ein Teil von ihr. Sie Außenwelt versank, und stattdessen wurde die Wortwelt zwischen Buchdeckeln zu seiner Realität. Ende entwirft hier ein wunderbares Bild für die Segnungen des Lesens. Alles, was spirituelle Schulen zu vermitteln suchen: Konzentration, Hingabe und Mitgefühl für vermeintlich fremde Schicksale – das in seine Lektüre versunkene Kind ist in all dem längst Meister.

 

Das Buch wird zur Massenware

Früher war das Lesen den Gebildeten vorbehalten. In Klöstern wurden Texte per Hand kopiert – für eine schriftkundige Elite. Nur ein kleiner Teil dessen, was sich Menschen erzählten, galt als erhaltenswert, Geplapper und „Infosmog“ gab es zumindest nicht in Schriftform. Gerade im Fall der Bibel war es vielen Wahrheitsbesitzern wohl ganz recht, dass sie nicht vollständig, sondern sorgfältig vorselektiert unters Volk kam. Mitte des 15. Jahrhunderts revolutionierte Johannes Gutenberg dann mit seiner Erfindung, dem Buchdruck, das Lesen. Das Buch als Massenmedium wurde möglich. Heute lesen wir nicht nur in Büchern und Zeitschriften, sondern überall: im Internet, auf dem Display unseres Smartphone, und – ungefragt  – auch auf Werbetafeln.

„Es wird generell immer mehr gelesen“, stellt Professor Klaus Schönbach von der Universität Friedrichshafen fest. Seit 1995 soll der Zeitschriften-Absatz um 16 Prozent, der Buchverkauf nur um 6 Prozent gesunken sein. Bei genauer Betrachtung ist das eine gute Nachricht, die Kulturpessimisten überraschen mag. Denn natürlich haben Hörbücher und elektronische Lesequellen seither stark zugenommen und konnten den Bedeutungsverlust der „klassischen“ Medien mehr als wettmachen. Es wäre eine gute Nachricht auch für Pädagogen, denn der Spruch „Lesen bildet“ ist mehr als ein Klischee. In einer Untersuchung an der amerikanischen Yale Universität wurden Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wurde, sowie solche, die vor allem fernsahen, beim Spielen beobachtet. „Kinder, die viel lasen, gingen mit ihren Spielsachen kreativer um und entwickelten etwa eigene Baumuster, während die anderen hierbei eher schematisch vorgingen“, berichtet der Leseforscher Bodo Franzmann. Franzmann bestätigt, dass eigene Lektüre für die Entwicklung der Fantasie viel wichtiger ist, als Filme anzuschauen. „In Filmen sind die Charaktere fertig entwickelt. Das macht es dem Zuschauer schwerer, in sie hinein zu schlüpfen.“ In Büchern dagegen entstünden die Figuren zu einem großen Teil im Kopf des Lesenden.

 

Lese-Lehrjahre mit Butt und Urmel

Wichtig ist aber nicht nur, wie viel gelesen wird, sondern auch,was wir lesen und wie. Quantität ist nicht gleich Qualität. Ich selbst würde mich als passionierten Leser bezeichnen. Meine Eltern förderten dies durch eine ausgedehnte Vorlesekultur, die mir Jim Knopf, Urmel aus dem Eis, Siegfried, Achilles und andere Jugendheroen nahebrachten. Als ich in der Mittelstufe bemerkte, dass ich im Aufsatzschreiben überdurchschnittlich gut war, steuerte ich den Deutsch-Leistungskurs an und fraß mich systematisch durch die Weltliteratur. Bewusst nahm ich schwierige literarische Werke auf mich, etwa den seinerzeit als fast unlesbar geltenden „Butt“ von Günter Grass. Seither kenne ich, was Bücher betrifft, keine Furcht mehr. Von Kindesbeinen an lernen wir durch Überforderung, die wir gerade noch bewältigen können. Was wir verstanden haben, verschafft uns Erfolgserlebnisse; was wir noch nicht verstehen, stimuliert unseren Ehrgeiz, weiter zu forschen.

Unser Wortschatz und unsere Lesekompetenz markieren die Grenzen des für uns Denk- und Vorstellbaren. Was wir lesen formt, was wir sind. Da ich durch bewusst gewählte Überforderung erst zu dem wurde, der ich heute bin, wundere ich mich über die Lesefaulheit vieler Menschen. Sie scheinen wild entschlossen, es sich mit einem kleinen Wortschatz und engen Denkgrenzen gemütlich zu machen. Zu schnell wird dem Autor vorgeworfen: „Kann der sich nicht normal ausdrücken?“ Weiter käme man mit der Frage: „Warum fehlt mir die Kompetenz, dies zu verstehen, und wie kann ich sie mir aneignen?“ Medien erweisen der Leseträgheit ihres Publikumshäufig ihre Referenz, denn auch sie müssen leben.

 

Konsumieren statt zu erschaffen

Häppchen-Journalismus boomt. Sachverhalte werden in kleine und kleinste Einheiten zerlegt. Der Trend geht dahin, immer weniger über immer mehr zu schreiben. Ein Beispiel ist der Verfall des „Stern“ zu einer kleinteiligen Bilderbuch-Zeitschrift. Kulturkritik findet nur noch im Briefmarken-Format zwischen den Zeilen von Verkaufs-Hitparaden statt. Auch in traditionell textstarken Medien setzt sich eineModezeitschriften-Ästhetik durch: Art und Umfang eines Textes werden weitgehend einem dominanten Layout angepasst. Texte illustrieren oft Bilder statt umgekehrt – eine Form der Verkindlichungder Leselandschaft. Der Trend zum Visuellen kommt den Bedürfnissen eines zunehmend überlasteten, ausgebrannten Publikums entgegen. Man muss sich nun keine Blume mehr vorstellen, weil diese ja großformatig abgebildet ist. Alle Erfolgstitel der letzten Zeit wie „Happinez“ oder „Landlust“ sind bildstark.

Dazu kommen Kino und Fernsehen, die das Lesen in breiten Bevölkerungsschichten fast völlig verdrängt haben. Auch hier entfällt die Notwendigkeit, sich die durch Wortesuggerierte Welt eines Buchs vor dem inneren Auge zu erschaffen. Worte haben eine magische Funktion, weil sie mit nur wenigen Symbolen Welten zu erschaffen vermögen. „Und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort“, dichtete Eichendorff. Ich erlebte das unlängst wieder bei der Lektüre des herrlich altmodischen Romans „Rebecca“ von Daphne du Maurier. Bewusst nahm ich mir vor, erst zum nächsten Satz weiterzugehen, wenn ich mir den vorherigen wirklich vorstellen konnte. Ein englischer Landsitz mit vornehmem Interieur, ein Garten voller roter Rhododendren, der Salzduft vom Meer … Jeder Leser hat eigentlich seine eigene „Rebecca“ im Kopf, seinen eigenen Film. Obwohl der Stoff von Alfred Hitchcock toll verfilmt wurde, erfolgt dadurch doch eine Verengung von Vielfalt auf ein bestimmtes Bild.

 

Die Inflation der Mitteilungen

Masse statt Klasse – dieser Trend verstärkte sich mit der Beschleunigung des Kommunikationsverkehrs. Wer früher einen Brief frankieren und zum Briefkasten bringen musste, überlegt sich vorher, ob dies wirklich nötig war. Das Versenden eines Liebesbriefs war eine Zitterpartie. Selbst bei günstigem Verlauf musste man bange zwei Tage bis zur Beantwortung warten. Eine E-Mail ist schneller geschrieben und kann auf Beantwortung ohne Zeitverzug rechnen. Internet und E-Mail schenkten dem Schreibenden zunächst eineÜberfülle an verfügbarem Raum. Dies förderte eine Inflation der Mitteilungen und damit die Entwertung von Geschriebenem überhaupt. Die SMS, getippt im 1-Daumen-System, kehrte den Prozess scheinbar um. Auf Displays im Briefmarkenformat ist kein Platz für „Romane“. Sprachverstümmelnde Kürzel kamen in Mode: lol, thx, lg … Oder gleich infantile Symbole wie 😉 Der knappe Raum sorgte jedoch nicht dafür, dass Nachrichten gewichtiger wurden. Im Gegenteil. SimsendeHalbwüchsige verwenden die Zeit, die sie durch sprachliche Knappheit einsparen, wieder für weitere, ebenso nichtssagende Nachrichten.Der perfekte User der neuen Medien schreibt möglichst nichts an möglichst alle.

Dieses Schreibverhalten beeinflusst natürlich auch die Lesekultur: Wir schreiben nicht nur, wir lesen notgedrungen auch mehr radebrechende, bis zur Unkenntlichkeit verknappte Nachrichten. Viele haben sich eines tiefes, komplexes Denken überhaupt abgewöhnt, ebenso wie ihnen sprachlicher Schönheit fremd geworden ist, die – wie musikalische Schönheit – unsere Seele und unsren Geist nährt. In einer Duftlampe erzeugen Lavendel oder Rose unterschwellig eine angenehme, seelisch aufbauende Atmosphäre – anders als verbrannter Gummi. Ebenso ist es natürlich mit Worten. Eine schöne Sprache „macht etwas“ mit unserer Seele. Man denke etwa an Rilkes klangvollen und sinnerfüllten Satz „Durch alle Wesen reicht der eine Raum“. Dies erreichen wir nicht mit Gestammel à la „HpyB‘day 2 U“.

 

News-Diät gegen Fast-Food

Leider stehen einer Kultur des Lesens auch knallharte kommerzielle Absichten im Weg. Moderner Lese-Content ist so gestrickt, dass er nicht satt macht, vielmehr den Hunger verewigt, um weitere unbefriedigende Kaufvorgänge zu erzwingen. Der Schweizer Schriftsteller Rolf Dobelli nimmt in diesem Zusammenhang vor allem die Kultur der seichten News aufs Korn: „Anders als bei Büchern und guten Magazin-Artikeln stellt sich beim Newskonsum keine Sättigung ein. Wir können unbegrenzte Mengen von Nachrichten verschlingen, sie bleiben billige Zuckerbonbons für den Geist. Die Nebenwirkungen kommen – wie beim Rauchen und Fast Food – erst später zum Vorschein.“

Dobelli rät entsprechend zu einer News-Diät. „Kurzmeldungen sind wie kleine Blasen, die an der Oberfläche einer komplexen Welt zerplatzen.“ Da Medienmacher überdies auf Krawall gebürstet sind und unser Gehirn skandalöse, gewaltträchtige Informationen leichter aufnimmt, wird unsere Seele ständig mit Angstschwingungen überflutet. Jene Gehirnregionen werden vernachlässigt, „die für vertiefte Lektüre und tiefgründiges Denken nötig sind.“ Was hier über Kurznachrichten gesagt wird, kann getrost auch auf andere Form der fragmentierten Informationsvermittlung übertragen werden: etwa Twitter, SMS oder Kurzkommentare zu Webbeiträge.

 

Trend zur PublicatioPraecox

Wer einen Artikel schreibt, fürchtet die strengen Auslesekriterien der Redaktion und überlegt sich vorher, ob das Geschriebene wichtig und stilistisch gut genug ist. Im Blogger-Universum ist dagegen jeder sein eigener Redakteur und Verleger. Die Hemmschwelle sinkt, unausgegorenen „Trash“ zu produzieren, erst recht wenn schützende Anonymität hinzukommt. So können wir im Netz einen unfassbaren Wildwuchs an Beleidigungen, stilistischem Unvermögen und Selbstdarstellungs-Wahn beobachten. Die PublicatioPraecox boomt, die Neigung jeden Ideen-Impuls ohne Aufschub öffentlich zu machen. Was eigentlich ein Vorteil der Schriftform gegenüber der mündlichen Konversation war, wird so annulliert: Der Grundsatz „Erst nachdenken, dann schreiben“.

Das Lesen am Bildschirm hat im Vergleich zum Lesen auf gedrucktem Papier noch weitere Tücke. Am Notebook, Tablet oder Smartphone können „You’vegotmail“-Signale piepsend aufblinken oder Update-Aufforderungen unvermittelt uppoppen. Die bloße Möglichkeit, sofortzu surfen oder Emails zu checken, kann dazu führen, dass wir unsere Lektüre unterbrechen. Wir verlieren Zeit und Kraft, bevor wir uns geistig wieder auf das zuvor Gelesene einstellen können. All diese Rahmenbedingungen torpedieren die Konzentrationsfähigkeit und animieren zu einer „Häppchen“-Leseweise, die einer Vertiefung im Weg steht. Produziert wird – drastisch ausgedrückt – niedrigschwelliger Lesestoff für Nichtleser.

 

Technik macht abhängig

Als die Zukunft des Lesens gilt vielfach der „Kindle“ ein elektronisches Lesegerät von Amazon, auf das man unzählige Bücher digital downloaden kann. Er hat beträchtliche Vorteile, etwa für Sehbehinderte, die sich die Schriftzüge beliebig vergrößern können. Auch muss sich, wer dies nicht will, in seinem Wohnzimmer nicht länger durch den Anblick von Büchern belästigt fühlen. Bedenklich erscheint mit an dieser Entwicklung aber, dass sich Lesende zunehmend von elektronischen Geräten abhängig machen, d.h.:
– abhängig von Strom
– abhängig von der Hardware und ihrer Funktionstüchtigkeit
– abhängig von Software und den Bedingungen ihrer Verfügbarkeit, d.h. auch
– abhängig von Markenfirmen und ihren Verwertungsinteressen

Das Buch ist kein Gegenstand zum Anfassen mehr, sondern gestreamter Content. Ein Beispiel aus dem Musikbusiness mag dies verdeutlichen: Streaming-Dienste bieten zum Abopreis den unbegrenzten Zugriff auf weitaus mehr Musik als man sinnvollerweise anhören kann. Diese Musikdateien können klanglich in CD-Qualität angehört werden – ohne dass ein materieller Gegenstand „CD“ vorläge. Die downgeloadetenSongs „gehören“ dem Streaming-Kunden –jedoch nur, solange er seinen Abo-Beitrag bezahlt, sonst erlöschen sie. Zum Vergleich: Stellen wir uns vor, der Händler eines Elektronik-Marktes würde alle bei ihm gekauften CDs aus unserer Privatwohnung entfernen, wenn wir einmal mit einem Monatsbeitrag im Verzug sind. Sieht so unsere Zukunft auch bei Lesestoff aus?

 

Fantasien ist bedroht

Die Verführung zur Digitalisierung könnte zunehmend einem Zwang zur Digitalisierung weichen, also zur Unterwerfung der Kunden unter die Interessen der Anbieter, unabhängig davon, ob sie sich zur Technik „konservativ“ oder „progressive“ stellen. Unlängst ist es mir zum ersten Mal passiert, dass eine für mich interessante CD-Neuerscheinung ausschließlich als Download verfügbar war. Dasselbe Phänomen gibt es natürlich bei Büchern längst. Ein befreundeter Buchhändler klagte, dass auf nahezu jedem Print-Buch vermerkt ist, das betreffende Werk gebe es auch als E-Book. „Die Leute kommen hier her, um sich beraten zu lassen, dann gehen sie raus, ohne was zu kaufen und laden sich das E-Book runter“, so der Buchhändler frustriert. Er befürchtet leergefegte Innenstädte mit toten Ladenzeilen, durch die Kurier-Fahrzeuge voller Versand-Päckchen kurven – wenn sich überhaupt abseits der Wohnblockzellen,in denen isolierte User vor High-End-Multimedia-Anlagen kauern, noch Leben regt,

Zweifellos, Fantasien ist bedroht und das „Nichts“ auf dem Vormarsch. Verantwortlich sind vor allem die Industrie der vorgefertigten Bilderwelten und unsere Verführbarkeit durch dieselbe. Die verlernte Lesekompetenz aber kann man sich wieder aneignen – durch Lesen. Dazu gehört auch, sich dem wohlfeilen Lese-Fast-Food konsequent zu verweigern. Versuchen Sie es doch einmal wieder mit einem Trip nach Fantasien. Aber, kleiner Tipp, schauen Sie sich nicht die Verfilmung an. Schon gar nicht die der „Unendlichen Geschichte“. Wählen Sie ihr Buch vorher sorgfältig und schenken ihm alle Zeit und Liebe, die sie haben, dann wird es Sie „zurücklieben“ und seinen Reichtum offenbaren. Und, sofern Sie sich das überhaupt noch vorstellen können, loaden sie es nicht down.

 

Buchempfehlung zum Thema:

lesen

 

Stanislas Dehaene: „Lesen – Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert“

Verlag: Btb (2012)
Umfang: Taschenbuch, 448 Seiten
Preis:  12,99 €
ISBN:  978-3442743940

Hier können Sie das Buch bestellen.

 

www.stiftunglesen.de
www.lesezündstoff.de

 

Über Roland Rottenfußer:

Der Autor, Jg. 1963, erschloss sich als Germanist lesend Teile der Weltliteratur, bevor er sein Interesse auf Spiritualität, Psychologie, Gesundheit und Politik ausdehnte. Er schrieb über diese Gebiete u.a. in connection, Zeitpunkt und Matrix, ist derzeit u.a. Chefredakteur bei Konstantin Weckers Webmagazin www.hinter-den-schlagzeilen.de und Autorenscout für den Goldmann-Verlag.

Merken

Merken

Dieser Artikel Ich lese, also bin ich – Roland Rottenfußer ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Paul Kohtes – Zen: Im Fluss des Lebens sein

$
0
0
Kohtes_MYSTICA_1

Paul Kohtes verbindet in seinem Schaffen ganz unterschiedliche Welten: Er ist einer der bekanntesten PR-Experten, hat philosophische Stiftungen und Kongresse ins Leben gerufen und ist als Zen-Lehrer international in Unternehmen unterwegs.

Für Kohtes ist Zen einfach eine Erfahrung, die versucht, die Relativität allen Seins durchgängig spürbar werden zu lassen. Das Leben ist wie ein Fluss, den man nie ganz greifen kann. Wir suchen Halt durch Strukturierung (und begradigen Flüsse). Die Phänomene des Lebens sind aber nicht fixiert und Zen hilft, auch durch praktische Meditation, dies zu verstehen und sich immer wieder neu in diesem Fluss zu justieren.

 

Paul J. Kohtes gehört zu den Innovatoren der Kommunikationsbranche und die von ihm in Düsseldorf gegründete Agentur KohtesKlewes zählt heute unter dem Namen Ketchum Pleon zu den internationalen Marktführern. Vor 30 Jahren entdeckte er die Zen-Meditation für sich. Als Zen-Lehrer und Führungskräfteberater steht er für einen neuen Spirit in der Wirtschaft und leitet heute Seminare zu „Zen for Leadership“. 1998 gründete er die Wissenschaftsstiftung Identity Foundation, die mit mehreren großen Studien das Selbstverständnis von Führungskräften im Kontext kulturellen Wandels erforscht hat und als Ko-Initiator des Kongresses „Meditation & Wissenschaft“ Impulse für eine Bewusstseinsentwicklung im Business liefert. Mit seinem Projekt „7Mind – die Meditations-App“ entwickelt er breitentaugliche Zugangswege zu Meditation in Alltag und Arbeitswelt. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Bücher.

www.identityfoundation.de
www.zenforleadership.com
http://kohtes.klewes.com
www.meditation-wissenschaft.org
www.7mind.de

 

Buch zum Thema:

kohtescover1

 

Paul J. Kohtes: „Dein Job ist es, frei zu sein: Zen und die Kunst des Managements“
Verlag: Kamphausen Verlag 2005
Umfang: 195 Seiten
Preis: 17,50 €
ISBN: 978-3899010435

Hier können Sie das Buch versandkostenfrei bestellen.

 

Hier finden Sie weitere Bücher von Paul Kohtes.

Dieser Artikel Paul Kohtes – Zen: Im Fluss des Lebens sein ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.


Christian Salvesen – Eckhart Tolle und das Leben im Jetzt

$
0
0
Christian_Salvesen_Tolle_mystica

Der Journalist und Autor Christian Salvesen beschäftigt sich in seinem neuen Buch mit der Lehre von Eckhart Tolle. Es geht um Bewusstsein, das wir sind. Wir können dort hinfühlen und uns dessen gewahr werden.

Diese Erfahrung ist nicht objektivierbar, kann aber befreiend sein – etwas, wovon viele Mystiker schon immer gesprochen haben. Eckhart Tolle vermittelt dies auf einfache Weise – ein Leben im Jetzt als Möglichkeit.

 

Christian Salvesen ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an.

http://www.christian-salvesen.de

 

Buch zum Thema:

Salvesen_Tolle_mystica

 

 

 

Christian Salvesen: „Eckhart Tolle: Inneres Erwachen und ein Leben im JETZT“
Verlag: Aquamarin Verlag 2017
Umfang: 180 Seiten
Preis: 14,95
ISBN: 978-3894277819

 

Hier können Sie das Buch versandkostenfrei bestellen

Dieser Artikel Christian Salvesen – Eckhart Tolle und das Leben im Jetzt ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

SpiritArt: Der Sinn der Sinnlichkeit – Hartmut Lohmann

$
0
0
Lohmann_Gott Mutter Kind_MYSTICA_TV
Lohmann_Gott Mutter Kind_MYSTICA_TV2

Gott Mutter Kind (Hartmut Lohmann)

Wir sind mehr, als das, was wir sehen. Wenn man aber an jemanden wie Hartmut Lohmann denkt, muss man diese Aussage korrigieren und erklären, dass wir mehr sind, als das, was die meisten Menschen sehen. Es gibt durchaus vereinzelt Erwachsene wie ihn, die nicht nur die menschliche Aura, sondern auch „Haut aus Licht“ oder seifenblasenfartige Energieansammlungen deutlich wahrnehmen. Dabei versprühen Gefühle wie Liebe und Glückseligkeit die größten Funken. Lohmann ist nicht nur Heiler, Autor, Seminarleiter und Protagonist in „DIe Übersinnlichen“ – nein, er ist auch Künstler! Hier werden erstmals einige seiner jüngsten Werke vorgestellt.

Übrigens: Wir freuen uns sehr, dass Lohmann nicht nur Referent ist auf unserem Kongress am 25. und 26. März 2017 – er stellt auch einige seiner Werke bei uns an diesem Wochenende aus!

Ein zur Einleitung seines Essays passendes Zitat von Blaise Pascal: »Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean Verstand«

von Hartmut Lohmann

 

Meine Lebensgeschichte ist schwer zu glauben, darum erwarte ich von niemandem, sie leichtgläubig hinzunehmen. Im Gegenteil, mir ist es lieber, wenn sich jemand kritisch mit dem Seelenleben auseinandersetzt, anstatt es als Hirngespinste abzutun. Denn seit vielen Jahren schon sehe ich die Energie des Lebens. Eine Kraft, die wie in Seifenblasen schillernd und schimmernd die Menschen, Tiere und Pflanzen umgibt. Ich sehe diese Energie so klar und deutlich, wie ich das Blatt Papier vor mir sehe, auf dem ich schreibe. Aber zusätzlich zu der physischen Form sehe ich auch immer die metaphysische Form – im Falle des Papieres ein hauchzarter, in blau, grün, gelb und orange changierender Lichtsaum, unendlich fein und doch spürbar. Als könnte man einen Regenbogen berühren. Es fühlt sich an wie eine Haut aus Licht. Als hätte Licht eine Haut. Und mit dieser zweiten Haut spüre ich Dinge, die mich jenseits der physischen Realität berühren. Ich stehe halb im Diesseits, halb im Jenseits und der jenseitige Raum, aus dem wir stammen, der unsere ureigentliche Heimat ist, folgt ganz eigenen Gesetzen und Regeln, die mit der physischen Welt nicht immer vereinbar sind.

 

Lohmann_Sternenblumenkind

Sternenblumenkind (Hartmut Lohmann)

Dies sind die drei wichtigsten Regeln:

1.) Alles ist mit dir verbunden – Du bist die Quelle des Lebens, sowohl deines Lebens als auch des Lebens um dich herum. Du formst mit deinen Gefühlen und Gedanken deine Realität. Hunderttausend Pfade führen wie goldene Schnüre durch dein Leben. Am Ende jedes dieser Pfade wartet ein ganz anderes Schicksal auf dich. Darum ist es so wichtig, was du tust, in jeder einzelnen Sekunde.

2.) Du brauchst viel Raum, um zu wirken – Schöne Gefühle, erheiternde Gedanken, tolle Ideen, alles sollte groß und farbenfroh sein. Wie die Kinder es noch leben, so sollten wir es auch fühlen. Jedes negative Gefühl wird ganz klein, machen wir ihm »Luft«. Und jedes positive Gefühl wird noch schöner, geben wir ihm nach. Die Innenwelt, den gefühlten Raum des Körpers auszudehnen, weichzumachen, sich zu öffnen, ist das Wichtigste, was es gibt. Alles Andere kommt danach.

3.) Es gibt nur die Gegenwart – Was früher war, was später kommt, all das ist nicht von Bedeutung. Es gibt keine Zeit im tatsächlichen Sinne, denn jede Wahrnehmung der Zeit ist immer im »Jetzt«. Wird ein schöner Augenblick geboren, sagen wir als seine Eltern gerne zu ihm: »Oh, ich habe sooo lange auf dich gewartet.« Aber der Augenblick ist immer neu, ist immer frisch. Er hat auf nichts gewartet. Die Zeit kann der Gegenwart nichts anhaben, denn die Gegenwart ist die Quelle der Zeit, immer neu und frisch.

Lohmann_Gemälde 1Mit 15 habe ich begonnen, diese Innenwelt zu malen, mit Ölkreiden, Kohle und Acryl. Im Laufe der Jahre sind immer größere Ölgemälde entstanden, bis zu 3 x 4 Meter große Gemälde, die farbenfroh ausdrücken wollten, was ich empfinde, wie sich die Welt für mich anfühlt. Sinn und Sinnlichkeit sind für mich eins – wir fühlen die Welt weit mehr, als wir sie objektiv wahrnehmen. Und unsere Gefühle entscheiden auch darüber, wie wir wahrnehmen und was. Wir können sprichwörtlich »blind« sein vor Wut, taub vor Trauer und von Angst wie gelähmt, aber auch beflügelt vor Freude, von Liebe entflammt und entzückt…

Lohmann_Schlafende Schöne

Schlafende Schöne (Hartmut Lohmann)

Meine Porträts wollen diesen Vorhang der Sinne öffnen, als würden wir hinter die Spiegel treten, erkennen wir uns selbst von der anderen Seite. Die Schönheit der Seele ist uns oftmals so fremd geworden, dass sie wie eine Lüge klingt, wenn wir davon hören. Die Innenwelt eines glücklichen Menschen sieht einfach bezaubernd aus. Sie zu malen, und uns alle daran zu erinnern, wie schön wir im Innersten sind, das ist mein Wunsch und mein Ziel.
Die Porträts lassen ganz neue Perspektiven und Wahrnehmungen zu. Der Betrachter wird hineingezogen in eine Welt der vergessenen Sinne und geträumten Sinnlichkeiten: eine feinstoffliche Wahrnehmung, uns allen aus der Kindheit vertraut, als wir dem Leben und dem Kosmos noch vertraut haben.

Hartmuts Bilder können Sie hier erwerben!

 

Buchempfehlung zum Thema:

erleuchtung ist ansteckend Lohmann

 

 

Hartmut Lohmann: „Erleuchtung ist ansteckend“

Verlag: KOHA, 2016
Umfang: Hardcover, 112 Seiten
Preis:  7,99 €
ISBN: 978-3-86728-302-1

Hier können Sie das Buch bestellen.

 

Über Hartmut Lohmann:

Während seines Studiums der Psychologie entdeckte Hartmut Lohmann in tiefen Meditationen seine Gaben des Heilens und Hellsehens. Als westlich erzogener und geschulter Mensch dauerte es Jahre, bis er ihnen Vertrauen schenkte. Inzwischen sind seine Fähigkeiten so ausgereift, dass er auch über räumliche Distanzen hinweg die Aura detailliert betrachten und in das Körperbewusstsein anderer Menschen hinein wirken kann. Hartmut Lohmann war Stadtschreiber von Otterndorf 2007 und Stadtschreiber von Ranis 2008. Im Jahr 2009 eröffnete er seine energetische Heilpraxis in Bochum.

www.chi-heilung.de

Dieser Artikel SpiritArt: Der Sinn der Sinnlichkeit – Hartmut Lohmann ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Neue Wege aus der Angst – Martin Wertsch

$
0
0
Copyright 2017 mystreetview2017 / Photocase, all rights reserved.
Copyright 2017 mystreetview2017 / Photocase, all rights reserved.

© mystreetview / photocase.de

Was einen nicht umbringt, macht einen stärker, heisst es. Für den heutigen Heiler Martin Wertsch mag dieser Ausspruch einen Lebensabschnitt beschreiben, der ihm ein hohes Maß an Mut und Überwindung abverlangte. Sich aus einem Geflecht von Ängsten erfolgreich zu befreien, ist eine erstaunliche Leistung. Der Autor hat frühe Ängste überwunden und hilft heute denen, die unter solchen leiden.

von Martin Wertsch

 

»Furcht besiegt mehr Menschen als irgendwas anderes auf der Welt.« (Ralph Waldo Emerson)

 

Die Kindheit ist eine magische Phase. Wir tun alles zum ersten Mal. Zähneputzen, sich mit Seife waschen, Risse in Mauern bewundern, in falschen Farben träumen, fliegen können, sich an Wolken festhalten, die Sonne als beste Freundin haben, mit den Sternen reden und mit dem Mond spazieren gehen. In unseren winzigen Körpern bündelt sich die Achtsamkeit wie Sonnenlicht in einer Lupe: Mit pochendem Herzen betrachtete ich den Lampenschirm, der mich anstarrte wie eine große Spinne. Starr vor Angst lauschte ich dem Streit meiner Eltern. Bang hüpfte mein Herz und ich glaubte meine Augen müssten verbrennen, wenn ich noch länger die große schwarze Spinne mit meinen Blicken berührte.

Als Kind hatte ich Angst vor allem: Fremden Menschen, vertrauten Menschen, der offenen Straße, dem brummenden Kühlschrank. Alles war lebendig. Jeder Kieselstein hatte Persönlichkeit, jeder Grashalm sein Eigenleben. Wolken waren Gesichter, Blätter und Äste bewegten sich verdächtig. Wie eine giftige Schlange lag der Gartenschlauch im Gras.

Die Ereignisse überforderten mich. Nach der Scheidung meiner Eltern schloss ich mich lieber in mein Zimmer ein, um alles und jeden auszusperren. Der Umzug mit meiner Mutter in eine andere Stadt; eine neue Schule, lauter Kinder, die ich nicht kannte: Plötzlich war alles anders. Meine Mutter und ich lebten allein und hatten den Kontakt zum Rest der Familie verloren. Ich wurde ein Außenseiter, der ständig unter Ängsten und Neurosen litt.

Meine Mutter war Zeit ihres Lebens immer mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, und so hatte sie weder die Möglichkeit noch den Willen, für mich da zu sein. Ich weiß nicht, wo ich heute wäre, oder ob es mich noch gäbe, wenn ich als Kind keine derart bunte und starke Fantasie gehabt hätte. Früher hielt ich es für eine Flucht nach Innen. Heute weiß ich, dass mir mein ›Spiel mit den Gefühlen‹ das Leben gerettet hat.

Die Angst hilft uns, Gefühle zu kontrollieren. Mit der Angst frieren wir unsere Gefühle gleichsam ein. Danach müssen wir sprichwörtlich »auftauen«, um unseren Gefühlen wieder freien Lauf zu lassen. Wer jedoch vollständig starr vor Angst ist, eingeschnürt wurde in das Korsett der Angst, ist im Teufelskreis der Gefühlskontrolle gefangen. Er kann seinen Gefühlen nicht länger freien Lauf lassen, aus Angst, was mit ihm passieren könnte. Ihm fehlt das Vertrauen, das Gefühl der Sicherheit, um so weit entspannen zu können, dass er die Kontrolle über sich selbst und seinen Körper loslässt. Wer aber seine Gefühle kontrolliert, indem er sie einfriert, der kann auch das Gefühl der Sicherheit nicht spüren. Es ist ebenfalls eingefroren.

Klimawandel, Umweltkatastrophen, ein Unfall im Atomkraftwerk oder auf der Autobahn… Ängste, so denken viele, sind irrational. In Wahrheit sind unsere Ängste rational. Darum sind sie so hartnäckig. Es ist nun einmal wahr, dass man jederzeit aus heiterem Himmel einen Herzinfarkt erleiden kann. Wir können diesen Gedanken noch so sehr wegdrücken oder relativieren, er bleibt wahr. Stress und Angst reichen sich brüderlich die Hände. Beide verringern die Stressresistenz unseres Bewusstseins. Derart sammeln sich die Ängste ganz von selbst immer weiter an. Je mehr Angst jemand hat, umso schlechter kann er mit seinen Ängsten umgehen. Und je schlechter er mit seiner Angst umgeht, umso mehr Ängste sammeln sich an. Dieser Teufelskreis »angestauter Ängste« ist ein entscheidender Aspekt jeder Angsterkrankung. Er muss durchbrochen werden, wollen wir den Weg der Heilung gehen. Aber wie?

Vier Jahre lang ging ich jede Woche zum Psychiater – nur um noch präziser zu wissen, warum ich unter Ängsten litt. Die Biografie aufzuarbeiten, half mir sehr wenig. Ich erfuhr alle Gründe für mein Leid, aber keine Erlösung davon.

Ich tat das einzig Richtige und konfrontierte mich mit der Angst. Es war Zeit, die seichte Wasseroberfläche meines Bewusstseins zu verlassen, um stattdessen tief darin einzutauchen. Bis auf den Grund hinunter, um die Wurzel meiner Angst zu lösen.

In der Meditation fühlte ich in meinen Körper hinein. Er fühlte sich verkrampft an und ich konnte meine Beine nicht still halten. Ich schloss die Augen und fühlte weiter nach. Allmählich wurde mir bewusst, dass diese Unruhe von irgend woher aufstieg. Ich fühlte immer tiefer in meinen Körper hinein und richtete meine Aufmerksamkeit auf mein Steißbein. Die innere Verkrampfung war hier am größten, so als würde ich mein Steißbein umklammern. Ich blieb mit meiner Aufmerksamkeit bei meinem Steißbein und beobachtete, wie die Angst von hier ausging und aufstieg… Es fühlte sich wie etwas an, dass stoßweise immer wieder Angstimpulse nach oben durch meinen Körper sendete. Wie elektrische Luftblasen, die zur Wasseroberfläche steigen.

Ich war verblüfft. Meine Angst hatte einen Ort in meinem Körper, der physisch spürbar war. Als ich weiterhin mit meiner Aufmerksamkeit an meinem Steißbein blieb, gab ich diesem festen Gefühl ein Bild. Ich dachte sehr schnell an einen kleinen Welpen, der sich zusammenkauerte und erstarrte. Ich hatte Mitleid mit diesem kleinen Wesen und bekam eine Ahnung davon, was dieses kleine Tier empfand. Es fühlte sich einsam. Plötzlich begann mein Herz zu klopfen und mit einem mal empfand ich eine starke, reine, bedingungslose Liebe für den Welpen.

Ich war erstaunt. Nicht nur, weil ich herausgefunden hatte, wo meine Angst saß, sondern auch wegen der Erkenntnis, wie vielschichtig sie war. Ich hatte zum ersten Mal unter die Angst schauen können. Da war buchstäblich etwas in mir, das sich einsam fühlte. Ich begriff zum ersten Mal, dass die ständige Unruhe in mir, wie ein Notsignal war. Impulsartig wurde es immer wieder ausgesendet, in der Hoffnung, jemand würde es hören.

Jahre später, als ich selbst als Therapeut tätig war, nutzte ich meine emotionalen Zugänge neu. Ich habe dank meiner schweren Kindheit gelernt, Dinge leichter zu sehen und zu nehmen. Ich habe gelehrnt der Wahrheit meiner Gefühle zu vertrauen. Das erforderte eine Entscheidung: Mein Wohlgefühl ist wichtiger, als die materielle Realität. In Wahrheit kann das Wohlgefühl auch unabhängig von der materiellen Realität bestehen. Wir erschaffen unsere Zwänge selbst, klammern uns an die Welt, die uns anschließend gefangen hält. Und zwar so lange, bis wir uns entscheiden, den Griff zu lockern und das Klammern aufzugeben.

 

Martin

 

 

Über Martin Wertsch:

Seine hohe Sensitivität als Kind mündete bei Martin Wertsch in einer schweren Angsterkrankung. Erst als Erwachsener fand er selbst aus der Umklammerung seiner lebensbedrohlichen Ängste heraus. Die Erfahrungen, die er auf diesem Weg gemacht hat, veränderten sein Leben radikal. Heute arbeitet er als Heiler und Seminarleiter in der erfolgreichsten Heilpraxis Europas.

Demnächst erscheint sein erstes Buch „Die Angst als dein Freund – In 7 Schritten aus der Angst“.

Hier können Sie Martin Wertsch in der Heilpraxis Bochum kennenlernen.

 

Dieser Artikel Neue Wege aus der Angst – Martin Wertsch ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Meditation und Ängste – Patrizia Heise

$
0
0
Copyright 2016 glückimwinkl / Photocase, all rights reserved.

© glückimwinkl / photocase.de

Es ist nicht alles Gold, was glänzt! Denn auch ein goldgelb schimmerndes Gesicht kann Facetten in sich tragen, die abschreckend statt anziehend wirken. So ähnlich verhält es sich auch mit der Meditaton. Sie ist in aller Munde und glänzt mit einem ausnahmslos positiven Image – als sei sie risikofreies Allheilmittel und immer mit innerer Freude für die Praktizierenden verbunden. Die Wahrheit sieht anders aus, es ist nicht alles nur schön und toll. Welche durchaus unangenehmen Nebenwirkungen sich in ihr verbergen und was dies für Konsequenzen für die Meditierenden haben kann, beschreibt uns Diplom-Psychologin Patrizia Heise.

von Patrizia Heise

 

Angst im Kontext von Meditation

Wir haben in den letzten Jahren viele positive Dinge über die Praxis von Meditation gehört. Sie soll zu mehr Ausgeglichenheit, Ruhe und Konzentration beitragen, sowie förderlich für die seelische und körperliche Gesundheit sein. Spiritualität wird als ein positiver Faktor im Umgang mit Stress und Druck im Alltag beschrieben. Über Schwierigkeiten oder negative Auswirkungen scheint wenig bekannt zu sein. Und doch mehren sich die Hinweise darauf, dass es sie gibt.

 

Nebenwirkungen kennen

Die Forschung von W. Britton (vgl. Tremmel und Ott 2016) zeigt, dass Emotionen wie Angst, Unruhe oder Verwirrung im Verlauf einer Meditationspraxis auftreten können. Der Züricher Bewusstseinsforscher A. Dittrich hatte bereits in den 90er Jahren eine Reihe von Zuständen beobachtet, die er unter der Kategorie AIA „angstvolle Ichauflösung“ zusammenfasste. Das Wissen über schwierige Erfahrungen und Krisen, die durch eine spirituelle Praxis ausgelöst werden können, ist auch innerhalb der klassischen spirituellen Traditionen vorhanden. So ist die „dunkle Nacht“ ein in der mystischen Literatur bekannter Seelenzustand, der Depressionen ähnelt. Um es vorwegzunehmen: Dies soll kein Plädoyer gegen Meditation sein, sondern eine Betrachtung von etwaigen Nebenwirkungen, wie man sie normalerweise auf dem  Beipackzettel eines Medikamentes findet. Dort wird aufgeführt, welche Symptome auftreten können, was man berücksichtigen sollte und für wen dieses Mittel nicht geeignet ist. Die heilsame Wirkung einer Medizin hängt von der richtigen Dosierung und korrekten Anwendung ab. Der informierte Patient ist im Vorteil und kann sich auf die Wirkungsweise einstellen. So ist es auch mit der Meditation. Es ist wichtig, einiges zu wissen, bevor man mit der Praxis beginnt, denn Meditation ist nicht gleich Meditation und Menschen reagieren unterschiedlich darauf, je nach Persönlichkeit, Methode und Begleitumständen.

 

Mehr als Entspannungstechnik

In der Tiefe war Meditation nie eine Entspannungstechnik. Während sie heute in Kursen herausgelöst aus jeder kulturellen und religiösen Einbettung erlernbar ist, wurde sie ursprünglich innerhalb spiritueller Traditionen in einem ganzheitlichem Gesamtkontext mit dem Ziel von Selbsterkenntnis und Bewusstseinstransformation auf dem Weg zur Erleuchtung praktiziert. Man zog sich mit diesem Anliegen in die Einsamkeit der Natur oder in ein Kloster bzw. Ashram zurück. Für die Adepten gab es dabei eine Fülle von Anweisungen um etwaigen Schwierigkeiten im Verlauf der Praxis vorzubeugen oder diese zu überwinden (vgl. Hofmann und Heise 2016 S.146). Wir dagegen müssen unsere Aufmerksamkeit ständig nach Außen richten um eine Vielzahl von Anforderungen simultan zu bewältigen. Für uns ist es ungewohnt, still zu werden und den Blick nach Innen zu richten. Wir müssen darauf gefasst sein, dass das, was in dieser Ruhe, ohne äußere Ablenkung durch Aktivität viel stärker wahrgenommen wird, unangenehm und mit Angst verbunden sein kann. Es ist einer der häufigsten Gründe, warum eine Meditationspraxis nach kurzer Zeit mit dem Gefühl „nichts für mich“ wieder aufgegeben wird. Man hatte erwartet, dass die Meditation beruhigt, und nun geschieht das Gegenteil: Man ist aufgewühlt, gestresst, verunsichert.

 

Was hilft?

Für Anfänger kann es sinnvoll sein, nicht sofort mit langem Sitzen in der Stille zu beginnen, sondern eine aktive Meditationsform auszuprobieren. Dabei werden Atemzüge gezählt, auf Körperempfindungen fokussiert (Bodyscan) oder achtsames Gehen im Wechsel mit Sitzen geübt. Unter dem Begriff Achtsamkeit findet man hier eine Fülle von Anleitungen im Internet oder in Büchern. Auch der Hinweis, dass  das verstärkte Auftauchen „negativer“ Gefühle ganz normal ist, kann bereits entlasten. Meditationslehrer, wie die ehemalige Gymnasiallehrerin und Buddhistin Sylvia Wetzel (2015) raten dazu, diese Emotionen beobachtend wahrzunehmen und nicht zu bewerten. Sie gehören zur menschlichen Existenz dazu – werden jedoch im Alltag gern verdrängt und abgespalten. Wir nehmen uns nicht die Zeit, uns mit ihnen auseinanderzusetzen, was wünschenswert wäre. Im Buddhismus finden wir die Unterscheidung zwischen natürlichem und zusätzlichem Leid. Ersteres betrifft uns alle, resultiert aus der Vergänglichkeit allen Lebens mit den dazugehörigen Erscheinungen wie Krankheit, Angst vor Verlust, Alter, Tod. Diese gilt es zu akzeptieren und auszuhalten. Zusätzliches Leid entsteht daraus, dass wir das natürliche Leiden leugnen und bekämpfen. Wenn es gelingt, sie nicht zu bekämpfen und wegzudrücken, sondern ihnen von der Haltung eines neutralen, mitfühlenden Beobachters her zu begegnen, gewöhnt man sich mit wiederholtem Üben an den ungewohnten Ansturm von Gedanken, Wahr-nehmungen und Gefühlen. Es wird erkennbarer, was sie uns sagen wollen. Wofür ist Angst ein Signal? Gibt es reale Gründe dafür? Was muss geändert werden? Wo gibt es Blockaden, an denen therapeutisch gearbeitet werden sollte? So verlieren aufbrechende Wünsche, Emotionen und Ängste zunehmend ihre Macht über uns.

 

Spirituelle Krisen

In einer fortgeschritteneren Phase der Meditationspraxis erfahren wir, dass unser Selbst viel mehr beinhaltet, als wir bisher dachten. Wir werden uns unserer dunklen Seiten, das heißt unseres Schattens (C.G. Jung) bewusst, was schmerzhaft und irritierend sein kann und eine Krise auslösen kann. Dies wird heute auch als „spirituelle Krise“ bezeichnet. Grof und Grof (1990) oder Assagioli (2008) beschreiben verschiedene Erscheinungsformen als „Durchgangskrisen“ auf einem spirituellen Weg. Ein Grund dafür ist, dass man den bisher sicher geglaubten  Boden unter den Füssen verliert, auf dem die gesamte bisherige Sicht der Welt gründete. Glaubenssätze, Konzepte und Werte verlieren damit ihre haltgebende Funktion. Existentielle Fragen wie: „Wer bin ich wirklich und worum geht es in  meinem Leben“? tauchen auf und verunsichern zutiefst. Der tibetische Lehrer Trungpa (2006) schreibt: „Es ist schmerzlich, den spirituellen Weg zu beschreiten. Es ist eine ununterbrochene Demaskierung, das Abschälen einer Schicht von Masken nach der anderen. Es beinhaltet Kränkung auf Kränkung.“ (S. 20)

Menschen, die sich bereits instabil und labil fühlen, die mit schwachem Selbstwertgefühl, schwankenden Emotionen und Depressionen zu kämpfen haben oder einen Hintergrund von Psychosen haben, sollten besondere Vorsicht in Bezug auf eine Meditationspraxis walten lassen. Sie ist eine aufdeckende Technik und kann bewirken, dass bisher erfolgreich Verdrängtes und Unbewusstes an die Oberfläche steigt und das Ich überschwemmt. Latente psychische Störungen können aktiviert werden. In diesem Fall sollte man sich an einen erfahrenen Begleiter wenden, der sich sowohl mit  spirituellen Praktiken als auch mit psychischen Störungen auskennt und Symptome nicht sofort pathologisiert (siehe: Sen Netzwerk). Auch für Menschen, die einen Hintergrund von Trauma haben, empfiehlt sich ein zweigleisiges Vorgehe in Form von Achtsamkeitspraxis in Kombination mit einer Trauma-Therapie. Ein Begleiter kann helfen, Prozessezu steuern, ggf.zu verlangsamen oder im Fall einer Krise zur Seite stehen.

 

Verlangsamen und erden

Krisen können auch durch die falsche Ausübung von Meditation hervorgerufen werden. Dazu gehören zuviel Ehrgeiz und das zwanghafte Erreichen-Wollen eines Zieles, die Abwertung des Alltäglichen, sozialer Rückzug und Isolation und nicht zuletzt zu wenig körperliche Bewegung. Es kommt zu Zuständen von erhöhter Sensibilität, Reizbarkeit, Überwachheit, Aggressivität, Nervosität, Angst oder Schlaflosigkeit. All dies zeigt an, dass etwas aus dem Gleichgewicht gerät. Hilfreich ist hier alles was erdet, wie Spaziergänge in der Natur, körperliche Bewegung und bestimmte Übungen aus dem Qi Gong oder Yoga. Auch Arbeit mit den Händen im Garten und kreativer Ausdruck wird von Betroffenen als hilfreich empfunden. Gespräche und Lesen können helfen, Landkarten für außergewöhnliche Zustände zu finden, die es ermöglichensie als Ausdruck von Selbstheilungsprozessen zu sehen. Aus therapeutischer Sicht ist Aufräumen, Klären und Bewusstmachen in allen Lebensbereichen anzuraten, bevor man mit der Meditationspraxis beginnt (vgl. Hofmann und Heise 2016,  S.141-155.).

 

Integration ist entscheidend

Spirituelle Erfahrungen können plötzlich und intensiv auftreten und sowohl Euphorie als auch Panik auslösen. Erlebnis und Wandlung sind nicht dasselbe; so erfordert jede spirituelle Praxis eine Integration der gemachten Erfahrungen in den Alltag. Die Psychologin Scagnetti-Feurer (2009) hat fünf Kategorien von Kontakt herausgearbeitet, die im Rahmen einer prozess-orientierten Diagnostik einen Maßstab für eine gute Integration liefern. Demnach ist zu beobachten, inwieweit es gelingt, die Bereiche des Hier und Jetzt, des alltäglichen Lebens, die Beziehung zur eigenen Lebensgeschichte zu anderen Menschen und zur spirituellen Dimension (Essenz) im Gleichgewicht zu halten.

 

Fazit: Spiritualität kann keine Abkürzung und kein Bypass für den Umgang mit Angst und anderen schwierigen Gefühlen sein. Krisen gehören zu inneren Wachstumsprozessen, entscheidend ist die eigene Einstellung. In einem solchen Kontext gesehen, führt die Meditationspraxismit Geduld und Ausdauer betrieben, langfristig zu einem sinnhafteren Lebensgefühl mit mehr Verbundenheit,  Gelassenheit und Vertrauen, sowie Mitgefühlsich selbst und anderen gegenüber.

 

Buch zum Thema:

spirituatlität und spirituelle krisen

 

 

Hofmann, L.&  Heise, P. (Hrsg.): „Spiritualität und spirituelle Krisen. Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis.“
Verlag:  Schattauer (2016)
Umfang: 528 Seiten, gebunden
Preis: 59,99€
ISBN: 978-3-7945-3057-1

Hier können Sie das Buch bestellen!

 

 

Über Patrizia Heise:

Dipl. Psych. MA. Patrizia Heise leitet eine Praxis für analytische Psychotherapie und ist Autorin. Kontaktaufnahme über Pat.Heise@t-online.de

 

Ausgewählte Buchtipps der Autorin:

Assagioli R. 2008.  Psychosynthese und transpersonale Entwicklung.  Nawo, Rümlang.
Grof S, Grof C.  (Hrsg.). 1990. Spirituelle Krisen. Chancen der Selbstfindung. Kösel ,München.
Grün A. Verwandle deine Angst. 2011. Ein Weg zu mehr Lebendigkeit-Spirituelle Impulse. Herder Verlag, Freiburg.
Hofmann L.& Heise P. (Hrsg.) 2016.Spiritualität und spirituelle Krisen. Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis. Schattauer,Stuttgart.
Scagnetti-Feurer, T. 2009. Himmel und Erde verbinden. Integration spiritueller Erfahrungen. Königshausen &Neumann, Würzburg.
Scharfetter Chr.2004. Das Ich auf dem spirituellen Weg. Verlag Wissenschaft & Praxi, Sternenfels.
Tremmel  M. und Ott U.Negative Wirkungen von Meditation, in: Hofmann, L.&  Heise, P. (Hrsg.) 2016.Spiritualität und spirituelle Krisen. Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis.Schattauer, Stuttgart.
Trungpa C.  2006. Der Mythos Freiheit und der Weg der Meditation. Eine Einführung in den tibetischen Buddhismus, Reinbeck bei Hamburg.
Wetzel S.Krisen auf dem spirituellen Weg. Essay nach einem Seminar mit Sr. Katharina Ganz Kloster Oberzell  Würzburg. 5.-8.11. 2015- edition tara libre  Kleine Hefte Nr. 18.

SENe.V:Netzwerk für spirituelle Entwicklung und Krisenbegleitung.: Informationen zu spirituellen Krisen und Behandlungsmöglichkeiten www.senev.de

Dieser Artikel Meditation und Ängste – Patrizia Heise ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Andy Schwab – Meditation in die Stille (Video)

$
0
0
Andy_Schwab_mystica_inspiration2

In dieser Inspiration bietet der spirituelle Lehrer und das Jenseitsmedium Andy Schwab eine Meditation an, die in die Stille führt.

 

Über Andy Schwab:

Im Zentrum seiner Arbeit steht der ganzheitliche Mensch mit all seinen Aspekten. Als Botschafter für die Geistige Welt hilft Andy Schwab vielen Menschen mit präzisen Beweisen und lebendigen Botschaften. Er arbeitet seit über 20 Jahren mit seiner Medialität, spirituellem Heilen und Trance. Intensive Begegnungen mit der Geistigen Welt und jahrelange Aus- und Weiterbildungen u.a. am Arthur Findlay College prägen seine heutige Arbeit als Medium, Heiler, spiritueller Berater und Lehrer. Ein Lehrerdiplom der SNU in Medialität, Heilen und Trance sowie Studien anderer Religionen und Philosophien runden sein Profil ab. Schwab verfasste mit „Die Liebe der geistigen Welt“ sein erstes Buch.

www.andyschwab.com

 

Buch zum Thema:

schwab_cover

 

 

 

 

Andy Schwab: „Die Liebe der geistigen Welt“
Verlag: Aquamarin Verlag 2015
Umfang: 256 Seiten
Preis: 17,95 €
ISBN: 978-3894276973

Hier können Sie das Buch versandkostenfrei bestellen.

 

 

Andy Schwab ist auch Protagonist in der erfolgreichen Dokumentation „Die Übersinnlichen“ und „Die Übersinnlichen – extra“:

banner_die-uebersinnlichen_medialitaet

Merken

Dieser Artikel Andy Schwab – Meditation in die Stille (Video) ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Auferstehung: Was sagt uns die Ostergeschichte heute? – Christian Salvesen

$
0
0
Grunewald_Slider
Grundewald_bild

Ein Altar-Flügel des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald: Die Auferstehung

Die christliche Botschaft der Auferstehung ist radikal und geradezu unglaublich. Darin liegt zugleich ihre Durchschlagskraft. Christian Salvesen geht dem Mythos nach im Kontext von Bibel, Wissenschaft und Mystik

 

Ostern ist das christliche Fest der Auferstehung. Die „Frohe Botschaft“ lautet: Christus ist von den Toten auferstanden und zum Himmel aufgefahren. Er ist für uns freiwillig am Kreuz gestorben. Wer an ihn glaubt, wird ebenfalls auferstehen und ewig leben. Und wer glaubt das? Laut einer Emnid-Umfrage für den Fokus im April 2011 glauben 62% der Deutschen nicht mehr an die Ostergeschichte.

Die Geschichte selbst wird in den Vier Evangelien unterschiedlich erzählt. Allen Versionen gemein ist, dass die tatsächliche Verwandlung des Leichnams von Jesus in einen unsterblichen Leib nicht beschrieben wird. Das hat niemand gesehen und wird als göttliches Mysterium offen gelassen. Gemeinsam ist, dass als erste Zeugen Jüngerinnen genannt werden. Sie finden am frühen Morgen des dritten Tages nach der Bestattung in der Grabhöhle den großen Felsbrock vor dem Eingang weggerollt. Das Grab ist leer.

Bei Lukas und Markus sagen zwei Engel in weißen Gewändern den Frauen, sie sollen den anderen Jüngern verkünden, dass ihr Meister von den Toten auferstanden sei. Die glauben kein Wort. Damals galten Frauen grundsätzlich als unglaubwürdig und wurden als Zeuginnen nicht anerkannt. Umso bemerkenswerter, dass ausgerechnet Frauen im Neuen Testament als einzige Zeuginnen auftreten. Später erscheint der tot geglaubte Meister seinen Jüngern mehrmals, wird aber zunächst nicht erkannt. Das heißt, er sieht offenbar anders aus als vor seiner Kreuzigung.

 

Im Johannesevangelium ist es Maria Magdalena – heute gilt sie etlichen Religionswissenschaftlern als die Geliebte von Jesus – die vor dem leeren Grab steht und einen Mann, den sie für einen Gärtner hält, entsetzt fragt, wo der Leichnam sei. Der angebliche Gärtner sagt nur ein Wort: „Maria.“ Daraufhin erkennt sie Jesus und will ihn umarmen. Doch der wehrt ab. In der lateinischen Bibel heißt es „Noli me tangere!“ (rühre mich nicht an!). Mit der Begründung, „er sei noch nicht zum Vater aufgefahren.“ Viele Künstler haben diese Situation dargestellt. Die Antwort ist mysteriös. Befindet sich sein neuer Leib in einer Art empfindlicher Übergangsphase?

Es scheint keine äußere Ähnlichkeit zu bestehen. Die frühen Zeugen (Zeuge heißt auf Altgriechisch „märtyros“) erkennen den Auferstandenen an anderen Merkmalen. Die Jünger von Emmaus daran, wie der Mann, der mit ihnen mehrere Stunden gewandert ist, bei ihnen zuhause das Brot bricht. Einen Sonderstatus genießt der „ungläubige Thomas“. Er darf die Wundmale des Herrn berühren. Das steht in einem gewissen Widerspruch zum „noli me tangere“ gegenüber Maria Magdalena.

 

Deutungen im Kontext der Zeit

Dass ein Mensch von den Toten aufersteht und in einem wie auch immer gearteten, wiedererkennbaren Leib 40 Tage noch Freunde besucht und dann schließlich auf einer Art Wolke zum Himmel aufsteigt, „Von nun an bis in alle Ewigkeit sitzend zur Rechten Gottes…“ Das allen Ernstes zu glauben dürfte eine ziemliche Herausforderung für jeden Christ sein, der sich seine eigenen Gedanken macht.

In welcher Situation befindet sich wohl das sehr intelligent und mitfühlend wirkende Oberhaupt der Katholischen Kirche, Papst Franziskus? Zweifelt er manchmal an der Auferstehung? Tertullian, ein früher Kirchenvater (160-222 n. Chr.), formulierte hinsichtlich der Auferstehung: „Es ist gewiss, weil es unmöglich ist.“ Er meinte damit: Etwas so Absurdes, was aller Erfahrung widerspricht, kann man nur behaupten, wenn man es tatsächlich – wie die Jünger – gesehen und erfahren hat.))

Ob der Wanderprediger Jesus heute noch bekannt wäre ohne den Mythos seiner Auferstehung? Sehr unwahrscheinlich. Und Paulus, der wie kein anderer das Christentum konzipiert und verbreitet hat, sieht in der leibhaftigen Auferstehung den Kern der neuen Lehre. In einem Brief an die Gemeinde in Korinth schreibt er: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“

Welch eine Vorstellung: ein echter Mensch, kein Gott wie Zeus, überwindet den physischen Tod und lässt andere Menschen daran teilhaben! Sie können ihm in die Ewigkeit nachfolgen, wenn sie an ihn glauben. Im alten Rom war das für viele – auch und gerade arme Menschen – überaus verlockend. Das verhieß Erlösung von diesem meist schrecklichen Erdenleben.

Die Geschichte von Jesus hatte einige Vorläufer. In dem phantastischen Gemisch aus östlichen spirituellen Lehren, die über Alexander dem Großen aus Indien in den Mittelmeerraum transportiert worden waren und den zahllosen Mysterienkulten von den Pharaonen bis zum Orakel von Delphi war die Auferstehung nicht ganz fremd. Einige Beispiele: Der Vogel Phönix verbrennt und steigt immer wieder aus seiner eigenen Asche auf. Osiris, der ägyptische Gott des Todes, wird von seinem rachsüchtigen Bruder zerstückelt, die Körperteile legt seine Schwester liebevoll zusammen, sodass er zu neuem Leben erwacht. Orpheus befreit Eurydike aus der Unterwelt. Zarathustra, der Begründer der persischen Religion des Lichts, spricht von einer Auferstehung der Toten in Verbindung mit einem Endgericht. Vedische und buddhistische Lehren kursieren unter Eingeweihten.

Im Tanach der Juden gibt es einige Hinweise auf eine Auferstehung der Toten. „Nach zwei Tagen gibt er uns das Leben zurück, am dritten Tag richtet er uns wieder auf und wir leben vor seinem Angesicht.“ Hier ist bereits von den drei Tagen die Rede, die im Evangelium bedeutsam werden und auf die sich Martin Luther im Glaubensbekenntnis bezieht: „Niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten.“

 

Metaphysische Deutungen

Es gibt unterschiedliche Versuche in unserer Zeit, die Auferstehung Jesu rational zu erklären. Die ganz pragmatische Sicht: Jesus war am Kreuz nur scheintot und wurde mit Hilfe von eingeweihten Freunden außer Landes gebracht. In Kaschmir soll sein Grab sein. Das erledigt die Frage nach der Auferstehung.

Eine ganz andere, metaphysische Deutung stammt von Yogananda, der in seiner „Autobiografie eines Yogi“ etliche Phänomene beschreibt, die wie Märchen klingen. Ein Meister taucht an mehreren Orten gleichzeitig auf, verschwindet vor den Augen seiner Schüler oder lebt wie der sagenhafte Babaji viele Jahrhunderte ohne zu altern. Laut Yogananda liegt der Schlüssel zur Auferstehung Jesu im Bereich feinstofflicher Ebenen. Yoganandas Guru Yukteswar verstarb am 9.3.1936, nachdem er sich zu diesem Zwecke voll bewusst im Yogasitz niedergelassen hatte. Am 19.6. desselben Jahres erschien er Yogananda, offensichtlich körperlich (wie dieser bei einer Umarmung feststellte), in dessen Hotelzimmer in Bombay und berichtete, dass er jetzt auf einem Planeten der Astralebene namens Hiranyaloka wirke. Ähnlich sind die Ansichten von Theosophen und Anthroposophen. Auch in den Lehren von Sri Aurobindo und der Mutter ist von einer Art Auferstehung die Rede, die durch eine vollkommene Durchgeistigung aller Körperzellen möglich sein soll.

Von christlich-fundamentalistischer Seite kommt häufig der Vorwurf, die Wissenschaft habe den Glauben an die Auferstehung zerstört. Richtig ist: Im Zeitalter der Aufklärung um 1800 wurden die kirchlichen Dogmen zunehmend an den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung gemessen. Und eine Behauptung wie „Jesus von Nazareth wurde im Jahr 30 von den Toten auferweckt und sitzt seitdem mit einem unsterblichen Leib zur Rechten Gottes…“ lässt sich nun einmal wissenschaftlich nicht halten. Der Glaube an die Auferstehung ist aber deshalb nicht erledigt. Darauf gehe ich gleich noch ein.

Die Wissenschaft hat heute für viele so etwas wie die Rolle der Religion übernommen. Doch zunehmend werden Verbindungen zu religiösen Vorstellungen deutlich. Da nehmen einige Quantenphysiker an, eine leibhaftige Auferstehung sei denkbar. Denn jede Körperzelle, ja sogar jedes Atom sei zugleich immaterielles Bewusstsein. Das würde im Moment des physischen Todes mit Überlichtgeschwindigkeit in ein zeitloses Kontinuum transportiert.

 

Was Theologen glauben

Mein Vater war Pastor in der lutherisch-evangelischen Kirche. Er diskutierte mit uns nicht über seinen Glauben. Wir Kinder hörten ihm zu. In der Kirche und zuhause. Manchmal scherzte er, wie er Mutti nach seinem Tod in ihrem Musikhimmel besuchen würde. An der Existenz eines Himmels schien er nicht zu zweifeln. Später stellte sich heraus, dass er fast alle Ersparnisse für wohltätige Zwecke gespendet hatte. Er hatte Angst, in die Hölle zu kommen. Denn auch das ist eine mögliche Auferstehung.

Intellektuell befasste er sich mit den maßgeblichen evangelischen Theologen seiner Zeit. Rudolf Bultmann (1884–1976) sah in den neutestamentlichen Auferstehungsberichten nicht einen Beweis für ein historisches Ereignis – die einmalige Transformation eines Sterblichen zum Gott – sondern es ging ausschließlich um die Botschaft.

Einen ähnlichen Ansatz vertritt Eugen Biser (1918-2014), Fundamentaltheologe und Befürworter einer christlichen Mystik. wenn er darauf besteht, nicht danach zu fragen, woher Jesus auferstanden sei – nämlich von den Toten – sondern wohin: Nämlich in unser aller Herz. Er beruft sich dabei auf Paulus, der sagt: „Ich lebe, doch nicht ich – Christus lebt in mir. Sofern ich aber noch in diesem Fleische wohne, lebe ich im Glauben an den Gottessohn, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Die Suche nach dem Wohin der Auferstehung wird in der Schule des Apostels Paulus also in die Innerlichkeit des Menschen verlegt: „Christus möge durch den Glauben in euren Herzen wohnen“ (Eph 3, 17). Wohin ist Jesus also auferstanden? In die Herzen der Glaubenden. Das kann als Mystik verstanden werden.

 

Flamingo

Arrigo Fiamingo: „Die Auferstehung Christi“, Sixtinische Kapelle

Christliche Mystiker und die Auferstehung

Im 20. Jahrhundert waren es vor Eugen Biser vor allem die Theologen Karl Rahner (1904-1984) und Paul Tillich (1886-1965), die sich für die Mystik stark machten: „Ein Element der Mystik ist in jeder Religion und in jedem Gebiet vorhanden. Wo diese Erfahrung fehlt, bleibt nichts anderes als ein Lehrsystem oder eine moralische Schule übrig, aber keine Religion.“ (Tillich). „Der Christ des 21. Jahrhunderts wird ein Mystiker sein oder er wird nicht sein.“ (Rahner)

Bereits im 6. Jahrhundert schrieb der syrische Theologe Dionysius Areopagita ein Werk mit dem Titel „Die mystische Theologie“. In der Mystik gehe es darum „die göttlichen Dinge nicht nur zu erlernen, sondern zu erfahren“ (wörtlich „erleiden“ vom griechischen Verb „pathein“). In diesem Sinne haben viele christliche Mystiker und Mystikerinnen des Mittelalters geschildert, wie sie die Vereinigung mit Gott, mit dem Absoluten erfuhren. Mechthild von Magdeburg sieht Gott als Bräutigam und die Seele als Braut. Meister Eckhart sagt: „Der in Gott versetzte Mensch wird von Freude durchkitzelt, in allem, was er tut und lässt!“

Es gibt allerdings kaum ein Zitat von christlichen Mystikern über die leibliche Auferstehung Christi. Sahen die Mystiker in der Auferstehung etwas anderes sahen als die Kirche verkündete? Sie erfuhren eine unmittelbare Vereinigung mit Gott, mit dem Unendlichen, da war der Glaube an eine leibliche Auferstehung des Gottessohnes womöglich überflüssig, wenn nicht gar absurd. Die mystische Erfahrung der Auferstehung bezieht sich nicht auf einen anderen, und sei es auch der Sohn Gottes, sondern auf mich selbst. Mir ist kein christlicher Mystiker bekannt, der öffentlich bekannt hätte: „Siehe, ich bin auferstanden von den Toten – wie Christus.“ Doch es gibt Andeutungen einer radikalen Transformation, etwa bei Meister Eckhart oder Johannes vom Kreuz, die ein Loslassen von allen irdischen Bindungen und eine Befreiung von Zeit und Raum bedeuten.

Als eine lebensverändernde Transformation verstanden kann jeder von uns eine Auferstehung erleben. Nach einer Erfahrung von Tod, die nicht der körperliche Tod sein muss, kann sich das Leben in einem völlig neuen Licht zeigen, alles scheint wie verwandelt. Etwas in der Art wird in spirituellen Traditionen des Ostens auch als „Erleuchtung2 oder „Erwachen“ bezeichnet – und auch Paulus spricht ja von einem „aufgeweckt sein“. Die Auferstehung ist ein mächtiges Bild, das auch im alltäglichen Leben eine starke Wirkung entfalten kann.

Christian Salvesen

 

Christian Salvesen ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an.

http://www.christian-salvesen.de

 

Buchtipps
Jörg Zink: Auferstehung – Und am Ende ein Gehen ins Licht. Herder, 2011
Claudia Janssen: Endlich lebendig: Die Kraft der Auferstehung erfahren. Kreuz Verlag, 2013
Paramahansa Yogananda: Die Wiederkunft Christi – Die Auferstehung des Christus im eigenen Inneren. Self-Realization Fellowship. 2013

Dieser Artikel Auferstehung: Was sagt uns die Ostergeschichte heute? – Christian Salvesen ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Den Kern erfassen – Paul J. Kohtes im Interview

$
0
0
Kohtes_Kern erfassen_MYSTICA_TV2
Kohtes_Kern erfassen_MYSTICA_TV

© Jeanette Zimolong / photocase.de

Was ist „rein privat“, und was „rein beruflich“? Ließen sich nicht auch Aspekte aus dem privaten Lebensbereich sinnvoll in das eigene Arbeitsleben integrieren? Übungen und Sichtweisen aus dem Zen sind zum Beispiel ein Weg, den immer mehr Menschen im Management als nützlich empfinden. Paul J. Kohtes, Deutschlands angesehenster PR-Mann und zugleich Zenlehrer, erklärt in einem Interview, wie wir unser Leben zur Freiheit hin managen können.

Ein Interview von Christian Salvesen

 

„Wissen Sie, jahrelang bin ich ‚under cover’ gelaufen. Zen, Meditation? Das war reine Privatsache. Doch in letzter Zeit habe ich festgestellt: Es ist kein Manko mehr. Da bekennen sich beinharte Manager unerwartet zu ihrem Seelentrip, zaghaft meist – ‚ich bin ja auch auf der Suche!’ –aber immerhin! Das bestätigt mich darin, damit in die Öffentlichkeit zu gehen. Dadurch kriegt das Pflänzchen vielleicht etwas Gießwasser.“

Paul J. Kohtes lacht offen und herzlich, weist einladend auf die Schalen mit delikaten Brotschnitten und Obst und schenkt mir Kaffee ein. Vor 30 Jahren gründete er eine PR-Agentur, die nun seit vielen Jahren Marktführer in Deutschland ist. PLEON-KLewes-Kohtes. Kohtes hat fast alle bedeutenden Unternehmen beraten, von Aldi bis zur katholischen Kirche. Zu seinem Buch „Dein Job ist es, frei zu sein“ möchte ich ihn interviewen. Es geht um Freiheit. Um mehr Lebensfreude und Selbstverantwortung, Kreativität und Mitgefühl – in den Unternehmen wie auch privat, daheim.

 

Angst zulassen

Was machen wir mit der Angst?

Meiner Erfahrung nach ist Angst – leider – für viele Menschen die zentrale Triebfeder. Viele machen aus Angst Karriere. Sie denken, in der Position des Vorstandsvorsitzenden sind sie sicher. Aber die Angst ist ja nicht weg. Dann gibt es neue Projektionsebenen. Die Angst sitzt so tief in den Knochen, uns allen, mir auch. Es ist ein langer Weg, sie überhaupt erst einmal ansehen zu können. Sich einzugestehen, Angst zu haben, das braucht schon ein Stück Selbstdistanz.

Hilft da nicht das Leben nach?
Ja, natürlich, das Leben gibt Druck. Aber die gelernte Reaktion ist ja, sich dem nicht zu stellen, sondern neue Hürden aufzustellen. „Mehr vom Selben“ – wie der Psychologe Paul Watzlawick schreibt. Also wenn irgendetwas schief läuft, was mach ich? Ich lasse es nicht als Scheitern auf mich zukommen, sondern ich versuche, es auf Teufel komm raus irgendwie hinzukriegen. Ich möchte ja den Erfolg, den Glanz, das Siegen.
In seinem Freundes- und Bekanntenkreis sagen zu müssen: „Es hat nicht funktioniert“ – das ist – jedenfalls in Deutschland – die größte Katastrophe. Denken wir an die Durchhaltementalität zum Ende des 2. Weltkrieges – nicht nur bei den Verrückten im Führerbunker, sondern in der ganzen Nation! Nur nicht scheitern, versagen, aufgeben! Gut, da steckt als positive Seite eine starke Motivation dahinter, aber diese enorme Angestrengtheit, Verbissenheit, die klebt doch eine Menge kreatives Potential zu.

 

Die eigene Stärke finden

Identität – was ist das?
Sie gehen in eine Bank oder in einen Friseursalon. Sie werden schnell spüren, was das für ein Laden ist. Da sind lauter kleine Signale, die Sie – auch unbewusst – registrieren. Sie fühlen sich wohl oder nicht. Sie werden die Welt, die dieses Unternehmen darstellt, relativ schnell erkennen und erfahren.
Die Identität – sagen wir von Siemens, Daimler-Chrysler oder Microsoft – lässt sich allerdings durch Kommunikation und PR-Aktionen nicht dramatisch verändern. Sie können ihr nur eine bestimmte Pointierung oder Profilierung geben, in die eine oder andere Richtung. Die grundlegende Identität entsteht woanders: In der Tradition des Unternehmens und im aktuellen Management. Und da wiederum ganz klar – das ist meine Erfahrung – in der klassischen Hierarchie, also von oben nach unten. Siehe aktuelles Beispiel katholische Kirche. Ihr Image wird von diesem Papst geprägt. Ein absolut hierarchischer Laden. Hab die ja auch mal beraten…

Eine Anekdote dazu?
Das Bistum Münster feiert in diesem Jahr sein 1200-jähriges Bestehen und hat sich uns als Berater für die PR geholt. Dann saßen wir zusammen, haben Strategien überlegt. Wie kann man das feiern? Ja, was ist denn eigentlich die Kernkompetenz der Kirche?

Geld einnehmen?
Na, das ist die Attitüde, die jeder schnell drauf hat. Aber was ist eigentlich gemeint, im Tiefsten?

Der Seele helfen?
Ja, oder, wenn man das Neue Testament nimmt, ist es Liebe. Wir haben denen dann den Vorschlag gemacht: Nennt das ganze Ding doch: „1200 Jahre Bistum Münster: Eine Liebesgeschichte“. Das Bistum hat, allen Widerständen zum Trotz, dieses Motto durchgesetzt. Großes Lob. Der eigentliche Anspruch der Kirche, den sie sich viel zu oft hat nehmen lassen, die Seele und Identität des Unternehmens, muss klar kommuniziert werden. Wo die Leute sagen: „Ja, da will ich dabei sein!“ Das ist eine Triebkraft, die vielen Unternehmen fehlt. Viele Menschen sind heute so ‚identitätsverloren’, weil sie ihren eigenen Seelenkern nicht einmal ahnen. Bei einem Unternehmen ist der Kern relativ einfach zu finden. Ein Stahlunternehmen, das sagt: „Stahl ist Mist!“ – das kann nicht überleben.

Doch wenn die Frage „Wer bin ich?“ im Sinne des Zen konsequent gestellt wird, führt das nicht ins Bodenlose? Was bleibt da noch?
Nichts. Aber jeder geht so tief, wie es eben geht. Das muss sich entwickeln. Als junger Mann war ich mal in einem Yogakurs. Die Übungen fand ich ganz entspannend, aber der ganze spirituelle Hintergrund – Atman, die Seele etc. – das war mir nur lästig. Jeder Mensch durchläuft nun einmal verschiedene Phasen. Und in der wirklich spirituellen Szene finden Sie relativ wenig junge Menschen. Meist sind es doch Ältere, die entdecken, dass sie nicht nur funktionieren, sondern dass da noch mehr ist.

 

Alles zu seiner Zeit

Wie sollten wir mit der Zeit umgehen?

Wahrnehmen, spüren, was jetzt richtig ist, damit ich nicht unnötige Energie verschwende und nicht gegen etwas anrenne, was im Moment nicht dran ist. Das ist auch ein ökonomischer Aspekt des spirituellen Lebens. Mein Leben läuft reibungsloser.

Zu spüren, was jetzt dran ist, erscheint nicht so einfach. Da gibt es die Sachzwänge…
Die gehören auch dazu. Sie sind ja ein Zeichen dafür, dass es eben noch nicht dran ist. Das muss nicht zu Stress und zu negativen Gefühlen führen. Wenn ich sage: „Aha, das ist wie eine Eiger Nordwand. Die kann ich nicht besteigen, also muss ich drum herumgehen“, dann kriegt der Sachzwang einen anderen Charakter, als wenn ich sage: „Ich muss jetzt über die Eiger Nordwand. Krieg ich nie hin! Ich bin kein Bergsteiger.“

„Sei der du bist!“?
Ja, wie mach ich das? Es geht nicht ohne Veränderung. Deswegen ist das Buch ja auch voll mit praktischen Übungen. Weil ich erreichen möchte, dass die Leute mal aus ihrem System springen. Ein Urlaub kann schon helfen. Aber Manager gehen ja nicht so lange in Urlaub, weil sie Angst haben, dass sie aus dem System rauskommen. „Ich kann mir nicht mehr als eine Woche leisten“ heißt es dann. Dahinter steckt nur die Angst: Wenn ich zwei Wochen raus bin, dann bin ich so raus, dass ich gar nicht mehr richtig rein kann. Dann sehe ich womöglich den ganzen Wahnsinn!

Was ist absichtsloses Handeln?
Das hat mit der Zeitqualität zu tun. Ich bin nicht der kontemplative Typ, der nur still dasitzt und darauf wartet, dass die Zeit reif ist. Ich bin aber auch kein typischer Macher. Sondern die Idee ist, diese Extreme wie ein Spiel oder wie ein Pendel schwingen lassen zu können: Zwischen machen, zupacken, greifen – und loslassen. Das ist, glaube ich, mit „Wu Wei“ (Taostisch: Tun im Nichttun) gemeint.
In der Tradition ist ja vieles für die Mönche geschrieben worden. Das ist eine andere Welt. Ebenso kann ich das, was ich für Manager schreibe, nicht so ohne Weiteres aufs Klosterleben übertragen. Die spirituelle Tradition ist sehr kontemplativ orientiert und lässt die Dinge des praktischen Lebens zu wenig zu. Daher bekommen wir den Eindruck: Das kriege ich nie hin – in meinem Alltag. Das ist weit weg. Da muss ich soviel ändern. Deshalb mein Versuch, das Spirituelle zu integrieren und nicht vom Alltag abzuspalten. Wenn ich den kontemplativen und den aktiven Teil verwebe – die Textilbranche nennt das, glaube ich, „Kette und Schluss“, wo die Fäden quer zueinander laufen – dann wird das Gewebe stabil.

Bedeutet das: Ganz und gar bei der Sache sein?
Das ergibt sich dann daraus. In der aktiven Phase heißt es: Diskutier und lamentier nicht rum, geh deine Essschalen waschen, tu das, was dran ist.

 

Menschlichkeit zahlt sich aus

Mitgefühl scheint in der Wirtschaft wie ein Fremdwort, aber Sie setzen darauf! Warum?
Dass Menschlichkeit und Business einander ausschließen, will ich nicht gelten lassen. Sie können alle Mitarbeiter hier im Haus fragen und die werden Ihnen bestätigen: Ich stehe dafür, dass dieser Versuch auch in der Praxis möglich ist. Natürlich immer mit Unschärfen. Ein Unternehmen wird nicht nur liebevoll sein können, genauso wie es ungesund ist, ein rein funktionales Brachialunternehmen zu haben.
Tatsache ist: Die Unternehmen, wo Menschlichkeit noch eine Rolle spielt, funktionieren am besten, Gott sei dank! Ich stehe ja nicht ganz alleine da mit dieser verrückten Idee. Die großen erfolgreichen Unternehmensgründer, die hatten das drauf. Krupp hat als erster für seine Arbeiter Siedlungen gebaut. Das war zur damaligen Zeit eine Super-Sensation. Eine Tat. Das hat er gemacht, weil er es nicht ertragen konnte, dass seine Arbeiter in Slums lebten. Toll! Das meine ich damit. Das sind so Beispiele.

Sie schreiben im Buch, dass nur der seine Mitarbeiter motivieren und somit führen kann, der sich in sie hineinversetzen kann. Und das wiederum erfordert Unvoreingenommenheit. Können Sie das noch mal erläutern?
Naja, Mitleid, Empathie, alle diese Eigenschaften sind ja letztlich nur möglich, wenn ich offen bin. Wenn ich besetzt bin von einer Zielgeraden, von einem Wunsch, kann ich nicht mehr offen sein. Wenn ich ein Ziel „erstarre“ – und darin gleichsam erstarre – , bin ich nicht mehr in der Lage, es – wie etwa im Judo – kommen zu lassen; die Energien, die mir entgegen kommen, zu nutzen, und sie nicht ständig zu bekämpfen.
Das ist im Umgang mit Mitarbeitern nichts anderes. Wenn ich „zu“ bin und sage: „Der soll gefälligst seine Funktion erfüllen!“, dann kann ich kein Mitgefühl mehr haben. Da ist der mir nur im Wege, wenn er nicht leisten kann, was ich von ihm will. Aber wenn ich meine Idee mitteile und ihn dazu einlade, seine Ideen, seine Kreativität einzubringen, dann ist er motiviert und die Sache kommt in Gang. Wir können das Ziel gemeinsam erreichen.

Einfach ist klug

Wie kann ich einfach sein? Diese Angst, dumm zu erscheinen, grassiert anscheinend ganz besonders in Deutschland. Es ist ein deutsches Phänomen, dass wir es gern komplex haben. Da steckt irgendwie der Dichter und Denker drin. Dabei gibt es in allen Dingen und Prozessen irgendeinen zentralen Kern. Überall. Und es ist viel spannender und wichtiger, den herauszufinden, als ständig Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, um Sand in die Augen zu streuen und dann zu sagen, ja das muss aber, und das und das. Nein. Was ist der zentrale Punkt, auf den ich meine ganze Energie bündeln muss, um wirklich etwas zu bewegen? „Spitze Prozesse sind erfolgreich“ hat mal ein kluger Mann gesagt. Wenn ich übers Meer fahre, dann nicht mit dem Schiff quer, sondern mit der Spitze voran. Wir Deutschen haben Angst davor, etwas auf den Punkt zu bringen. Weil es so simpel klingt!

 

Es gibt keine Wahrheit

Sie schreiben im Buch: „Es gibt keine Wahrheit.“ Das klingt radikal.
Ja, da sind wir mitten im Zen. Es gibt wirklich keine Wahrheit. Es sind alles nur Konstrukte. Alles! Ist es wahr, dass die Amerikaner im Irak einmarschiert sind? Oder ist es wahr, dass die Iraker die Amerikaner gerufen haben? Ist der Islam eine kriegerische oder eine friedliebende Religion? Was ist wahr?

Aber was ist mit der wahren Identität?
Noch schlimmer. Was bleibt denn von Ihrer Identität? Ihre Ausbildung, Ihre Zeugnisse? Ihre Vergangenheit? Nichts mehr da! Alles verloren.

Selbst eine Wahrheit des Buddha wie „Die Leere ist die Fülle“?
Ja, auch weg, alles weg! Den Satz kann ich aufrufen, und für einen Moment wird er meine persönliche Wahrheit. Aber ist der wahr? Die Worte ‚wahr’ und ‚war’ sind womöglich verwandt. Ich nehme etwas wahr, was gewesen ist.

Ist diese Art von Relativismus hilfreich und sinnvoll für Manager?
Ja!! Das garantiert erst die Offenheit. Was ich wahr nehme, gilt nur als Annahme. Eine vorübergehende Absprache. Was ist wahr, in diesen ständigen Veränderungen? Unser Körper soll nach sieben Jahren aus völlig neuen Zellen bestehen. Oder psychologisch. Die Rollen, die wir einnehmen. Wer bin ich – jetzt? Ein Manager mit Anzug und Krawatte, der interviewt wird? Und vor einer Woche: Ein Zenlehrer mit schwarzer Robe auf dem Meditationskissen? Wer bin ich denn…? Da tiefer zu fragen, das ist sehr befreiend!
Zunächst vielleicht schockierend. Wir haben das Gefühl, den Boden zu verlieren. Im Zen heißt es: Triffst du den Buddha unterwegs, schlag ihn tot. Selbst das Heiligste, Bedeutendste…Nix! Es ist nur ein Konzept.

 

Die Praxis

Welche Übung würden Sie spontan als einfach und effektiv empfehlen?
Ohne Uhr zu leben, und sei es auch nur einen Tag. Um das Gefühl zu bekommen, dass die Dinge sich auch zeitlos entwickeln. So oder so. Und dass die Uhr kein Diktator ist, sondern ein Hilfsmittel.
Und dann: Lügen. Lügen, was das Zeug hält. Dummes Zeug erzählen. Das führt dazu, diese Relativität auf eine spielerische Weise ganz plastisch erleben zu können. Kinder lügen, ja auch Tiere, hab ich gelesen. Ist doch herrlich, oder? Vermutlich ist das ein Überlebensinstrument in dieser Welt. Bei all diesen Instrumenten ist die Frage: Bin ich davon abhängig, oder kann ich damit spielerisch umgehen? Und mein Ziel ist es, die Menschheit von Abhängigkeiten zu befreien.

 

Buch zum Thema:
kothes

 

Paul J. Kohtes: „Dein Job ist es, frei zu sein: Zen und die Kunst des Managements“

Hier können Sie das Buch bestellen!
Verlag:  J.Kamphausen
Umfang: 200 Seiten, hardcover
Preis: 17,50€
ISBN: 978-3-89901-043-5

 

 

Über Paul J. Kohtes:

gehört zu den Innovatoren der Kommunikationsbranche und die von ihm in Düsseldorf gegründete Agentur KohtesKlewes zählt heute unter dem Namen Ketchum Pleon zu den internationalen Marktführern. Vor 30 Jahren entdeckte er die Zen-Meditation für sich. Als Zen-Lehrer und Führungskräfteberater steht er für einen neuen Spirit in der Wirtschaft und leitet heute Seminare zu „Zen for Leadership“. 1998 gründete er die Wissenschaftsstiftung Identity Foundation, die mit mehreren großen Studien das Selbstverständnis von Führungskräften im Kontext kulturellen Wandels erforscht hat und als Ko-Initiator des Kongresses „Meditation & Wissenschaft“ Impulse für eine Bewusstseinsentwicklung im Business liefert. Mit seinem Projekt „7Mind – die Meditations-App“ entwickelt er breitentaugliche Zugangswege zu Meditation in Alltag und Arbeitswelt. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Bücher.

www.identityfoundation.de
www.zenforleadership.com
http://kohtes.klewes.com
www.meditation-wissenschaft.org
www.7mind.de

 

Christian Salvesen ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an.

http://www.christian-salvesen.de

Dieser Artikel Den Kern erfassen – Paul J. Kohtes im Interview ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.


Machtmißbrauch in der spirituellen Szene – Christian Salvesen

$
0
0
????????????????????????????????????
Wissen ist Macht_Salvesen_MYSTICA

© kallejipp / photocase.de

Wissen ist Macht, und kann missbraucht werden – auch von spirituellen Lehrern. Wissen gilt in unserer Gesellschaft als besonders erstrebenswert, im TV-Quiz kann man 1 Million Euro gewinnen. Das spirituelle Wissen kann ebenfalls eine verführerische Macht sein.

von Christian Salvesen

 

 

 

Wir kennen den Slogan „Wissen ist Macht“. Er erscheint zum Beispiel in der Werbung für Persönlichkeitsentwicklung und Managementtrainings. Und die Geschichte belegt: Wer lesen und schreiben konnte und so über Wissen verfügte, der hatte auch Macht und Einfluss. Immer wieder ging es in Revolutionen wie der Französischen von 1789 oder den Arbeiterrevolten in den 20er Jahren in Deutschland darum, dass die sozial schwachen und armen Menschen auch den Zugang zu Bildung und Ausbildung erhalten. Das ist bis heute aktuell: Je mehr Wissen und Bildung, desto besser die Berufschancen.

Doch das geflügelte Wort „Wissen ist Macht“ bedeutet noch mehr. Es stammt aus der Philosophie von Francis Bacon (1561–1626), einem Pionier der Aufklärung. Er schreibt 1598 in Bezug auf die Wissenschaft „Wissen selbst ist Macht“ und 1620 in seinem Hauptwerk Novum Organum: „Wissen und Macht des Menschen fallen zusammen, weil Unkenntnis der Ursache über deren Wirkung täuscht“. Wir dürfen nicht vergessen, dass zu jener Zeit der Glaube an Hexerei viel Leid erzeugte. Die Einsicht in den Zusammenhang von Ursache und Wirkung war gleichsam blockiert. Das Meckern eines Ziegenbocks oder das Lachen einer Frau konnten durchaus als Ursache für den Brand eines Hauses und als Werk des Satans angesehen werden, eben aus Unwissenheit.
Im weitesten Sinn ist Wissen nicht nur gut für die eigene Karriere, sondern vor allem für die Entwicklung unserer Spezies Mensch. Philosophen wie Sri Aurobindo, Jean Gebser und Ken Wilber sehen eine Entwicklung des Bewusstseins, die durch eine höhere, göttliche Instanz gelenkt wird, und dabei geht es primär um ein inneres Wissen.

Der französische Philosoph, Historiker und Soziologe Michel Foucault (1926-1984) kam zu dem Schluss, dass „Macht und Wissen einander unmittelbar einschließen; dass es keine Machtbeziehung gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und konstituiert.“

Was so wichtig für uns Menschen ist, kann aber auch missbraucht werden. Ein Betrüger ergaunert sich heute meistens Informationen durch das Internet, spioniert den Zugang zu Kontodaten aus usw. Jeder hat wohl auch selbst erlebt, dass jemand etwas weiter erzählt hat, was ihm oder ihr mit dem Schweigesiegel anvertraut wurde. Wissen besteht aus Informationen, für die nicht nur in Spionagefilmen getötet wird. Es kann die Nummer eines Bankkontos oder einfach nur eine Adresse sein – und das Wissen darum entscheidet über Leben und Tod. Und das bedeutet auch Macht.

 

Wissen und Macht im Bereich der Spiritualität

Wir können hier unzählige spannende Fälle von Macht und Machtmissbrauch in der Geschichte, der Politik usw. erörtern, eben das, was auch in Krimis und der aktuellen Presse behandelt wird. Doch im Folgenden soll es um Wissen und Macht sowie ihren Missbrauch im Bereich der Spiritualität gehen.

Wissen sollte hier eigentlich gleichbedeutend mit Weisheit sein. Religionsstifter wie Moses, Jesus, Mohammed oder Buddha gelten als weise und gerechte Menschen, die ein besonders inniges Verhältnis zu Gott, zur universellen Wahrheit und zur Liebe haben. Sie haben aufgrund ihrer mystischen Erfahrung eine besondere Autorität, sind auf eine Art machtvoll, die schwer zu definieren ist. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, soll Jesus gesagt haben. Er trennte deutlich zwischen der weltlichen und der göttlichen Macht. Andererseits soll er seinem Jünger Petrus eine Verantwortung und Macht übertragen haben, auf die sich bis heute jeder Papst „als Stellvertreter Gottes auf Erden“ beruft. Und wie wir aus der Geschichte wissen, haben die meisten Päpste ganz kräftig mitgemischt in der Politik.

Die Beziehung zur Macht ist bei den Religionsbegründern unterschiedlich. Moses führte sein Volk wie ein Herrscher durch die Wüste und gab ihm die zehn Gebote, Mohammed kämpfte als Krieger, Jesus wählte den Opfertod, Buddha verzichtete auf seinen Thron und Krishna schickt Arjuna in den Kampf, um alle seine Freunde und Verwandte zu töten. Ein allgemein verbindliches Konzept, wie sich Erleuchtung mit Macht verbindet, lässt sich hier nicht so ohne Weiteres ablesen.

In den Religionen der vergangenen 3000 Jahre nutzten Priesterkasten und Eingeweihte ein kaum durchschaubares Wissen um göttliche Zusammenhänge, um das Volk zu unterdrücken. Das lief und läuft immer noch so gut, weil die Grundängste des Menschen ausgebeutet werden. Jeder hat Angst vor dem Tod. Da ist eine Ungewissheit und Leere, in die man einen Himmel und eine Hölle hinein fabrizieren kann. Ein wunderbares Machtinstrument, sehr ausbaufähig. Das Wissen ist natürlich nur vorgetäuscht. Niemand weiß, was nach dem Tod kommt. Aber das Geschäft mit Informationen aus dem Jenseits blüht auch heute. Es ist so menschlich, etwas wissen zu wollen, was doch grundsätzlich dem Verstand verschlossen bleibt. Wer da weise genug ist, sich dem Nicht-Wissen hinzugeben, wird kaum ein Opfer von Gurus werden, die ihm göttliches Wissen und Erleuchtung verkaufen wollen.

 

Machtmissbrauch heute

Nun, es gibt die Macht und ihren Missbrauch auch in der heutigen spirituellen Szene. Das ist besonders subtil und schwer greifbar. Denn etliche Schüler und Schülerinnen von Gurus würden nicht einmal auf die Idee kommen, dass sie womöglich missbraucht werden, sei es sexuell oder in anderer Hinsicht. Es ist manchmal schwierig, die Grenze zwischen Hingabe und Hörigkeit zu erkennen.

Wenn ich hierzulande jemanden als Guru verehre, ist das – im Unterschied zu Indien, woher diese Tradition stammt und wo das sozial anerkannt ist – reine Privatsache. Mit dem Gesetz komme ich nicht in Konflikt, denn es gilt die Religionsfreiheit. Ich darf jeden Guru verehren und anbeten. Es sei denn, er fordert zum Krieg gegen die Ungläubigen auf – da hört der Spaß auf!

Auf dem Rainbow-Spirit-Festival in München 2012 gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema „Spirituelle Arroganz“. Die Moderation hatte Wolf Schneider, Herausgeber von Connection Spirit. Eingeladen waren Annette Kaiser, Schülerin der berühmten Sufimeisterin Irina Tweedie (1907-1999), die Theologin Katharina Ceming, sowie der Psychologe Christian Meyer, der erklärt, er könne Menschen zum Erwachen führen, und schließlich der Satsanglehrer Madhukar, Schüler des indischen Gurus Sri Poonja (Papaji). Es waren sehr spannende und auch unterhaltsame 90 Minuten – die jeder im Internet bei Jetzt-TV mitverfolgen kann. Ich überspringe hier den ersten Teil des Gesprächs zum Thema Arroganz und klinke mich ein bei der Frage, ob spirituelle Lehrer mit ihren Schülern Sex haben dürfen.

Das ist eine sehr wichtige Frage, denn der Lehrer oder Guru steht für ein Wissen, das nicht mal eben so angelesen werden kann. Ich, der Schüler, die Schülerin, begreife womöglich endlich – nach langer verzweifelter Suche, worum es letztlich geht, das Geheimnis der Unsterblichkeit und der unbegrenzten Liebe, indem ich mich dem Meister ganz hingebe, offenbare, alles zulasse. Der Meister hat mich womöglich auserwählt, mit ihm sein Bett zu teilen. (Weibliche Gurus können sich entsprechend ihren auserwählten Schülern widmen). Auch die gleichgeschlechtliche Variante ist belegt. Wir haben leider genug unrühmliche Beispiele von weltberühmten Gurus, die nachweislich Sex mit ihren Schülern hatten und dabei großes Leid verursachten, ja sogar den HIV-Virus wissentlich übertrugen.

 

Die Diskussion

Nach einer guten halben Stunde, wo sich die Podiumsdiskussion etwas festgefahren hat, weil der Begriff Arroganz schwer zu definieren ist, fragen die Frauen in der Runde, Katharina und Annette konkret nach: Was ist mit sexuellen Übergriffen seitens des Gurus?

Annette Kaiser hat als Präsidentin der Transpersonal Society in den 80er Jahren viele spirituelle Lehrer kennengelernt, und gerade die tibetischen Lamas waren wohl in Sachen Sex recht ungestüm. „Es ging höllisch zu“, meint sie schmunzelnd. Doch es sei für sie ganz wichtig gewesen, hier Klarheit zu erlangen. Ihre Lehrerin habe stets den gesunden Menschenverstand beschworen. Die Tibeter bandelten derart mit den westlichen Schülerinnen an, dass der Dalai Lama ein Machtwort sprechen musste. Er verordnete die Heirat.

Annette Kaiser besteht darauf, dass es in jedem von uns die Instanz des Gewissens, des besseren Wissens gibt, eine „Richtlinie des Herzens“. Wir können und sollen uns jederzeit und in jeder Situation fragen: Stimmt das jetzt für mich? Die innere Ethik kommt aus der Stille und stimmt mit dem Kosmos überein.

Im Gespräch wird letztlich klar, dass Annette sexuelle Beziehungen zwischen Guru und Schüler ablehnt, auch wenn sie Ausnahmen zulassen möchte. Es entspinnt sich eine witzige Auseinandersetzung zwischen ihr und Madhukar, der anscheinend in der von ihr mit betreuten Schweizer Villa Unsprunn wegen Arroganz ausgeladen wurde. Madhukar war erfolgreicher Journalist im Fernsehen und verkündet, er sei von Poonja, der ihm den Namen (übersetzt Geliebter, süß wie Honig) gegeben hat, zur Vermittlung der Botschaft beauftragt worden, und die lautet: Du bist bereits frei.

Der kahlgeschorene Madhukar gibt sich jovial und lässig: Die Schweizer könnten es offenbar nicht aushalten, wenn die Suppe kalt wird, er sei eben etwas später gekommen, na und? Insgesamt steht Madhukar zu eben jenen Eigenschaften und Privilegien, die einem Guru in der indischen Tradition zukommen. Er lässt Schüler und Schülerinnen ohne Entgelt für sich arbeiten, sie müssen ihn sogar Siezen. Und er hat sexuellen Verkehr mit etlichen Schülerinnen. Das seien aber, so Madhukar, alles reife Frauen. Warum können Frauen nicht selbst entscheiden, in welches Abenteuer sie sich einlassen? Wer stellt hier überhaupt die ethischen Regeln auf? Warum sollte sich ein Erwachter daran halten?

„Meine Erfahrung ist, dass die Aura bei Männern, die mit hundert Frauen geschlafen haben, grau ist“, sagt Annette Kaiser. Madhukar entgegnet darauf: „Ich glaube eher, dass Männer, die keinen Sex haben, zum Beispiel Mönche, eine graue Aura verstrahlen. Ich fühle mich jedenfalls sehr lebendig. Ich sehe in jeder Frau eine Göttin, die genau weiß, was sie will. Und überhaupt ist ein Guru letztlich jenseits von Mann und Frau, er ist jenseits von jeglicher Form. Das ist die Liebe, die ich mit Papaji erlebt habe.“

 

Die Asymmetrie in der Meister-Schüler Beziehung

Sehr klare Position in der Diskussion beziehen auch Katharina und Christian. Beide lehnen eine sexuelle Beziehung zwischen Guru und SchülerIn kategorisch ab. Katharina begründet das mit der ethischen Bedeutung des spirituellen Lehrers.

Christian Meyer weist als Psychologe auf die Parallele zur Psychotherapie hin, wo das verbindliche Verbot der sexuellen Beziehung zwischen Patient und Therapeut besteht. Der spirituelle Lehrer (Guru, Meister) hat ein Wissen, das ihn für den Schüler unentbehrlich macht. Doch er darf das keinesfalls ausnutzen. Eine sexuelle Beziehung würde dieses delikate spirituelle Verhältnis von Meister und Schüler zerstören. Es geht nicht darum, dass ein erwachter Lehrer keinen Sex haben sollte. Er ist nicht heilig. Doch wenn er Sex hat, dann außerhalb der Meister-Schüler-Beziehung, auf Augenhöhe, symmetrisch. Der Lehrer sollte kein Leid erzeugen, doch in einer asymmetrischen sexuellen Beziehung wird es dazu zwangsläufig kommen.

Die Diskussion hat mir gezeigt, dass es allgemeine Regeln dafür gibt, wie sich man/frau vor einem Machtmissbrauch von spirituellen Lehrern schützen kann. Jeder sollte tief in sich hineinfühlen, was richtig ist (Annette Kaiser), rational überprüfen: Was gibt mir das wirklich? (Katharin Ceming). Was bedeutet eigentlich Asymmetrie in der Beziehung zum sprituellen Lehrer. Bin ich von ihm abhängig? Und auch Madhukar, der in diesem Diskussionsforum offensichtlich als Beispiel für „Spirituelle Arroganz“ herhalten sollte, hat einen wichtigen Punkt beizutragen: Bitte keine spirituelle Etikette. Erwachen ist kein Gesellschaftsevent mit Serviette, Messer und Gabel.

 

Über Christian Salvesen:

Er ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an. Er lebt mit seiner kanadischen Ehefrau in der Nähe von München. Alles weitere erfahren Sie auf www.christian-salvesen.de

 

Buchtipps:
1. Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Suhrkamp, 2002.
2. Sabine Necker (Hrsg.): Wissen ist Macht: Aber nichts wissen macht auch nix . Coppenrath, Münster, 2010.

Infos zu den Teilnehmern der Diskussionsrunde:
Annette Kaiser – www.villaunspunnen.ch
Katharina Ceming – www.quelle-des-guten-lebens.de
Madhukar – www.madhukar.org
Christian Meyer – www.zeitundraum.org
Wolf Schneider – www.schreibkunst.com

Das Video der Posiumsdiskussion nebst vielen anderen interessanten Beiträgen auf www.jetzt-TV.de

Fotos von der Podiumsdiskussion können Sie hier einsehen.

Merken

Merken

Dieser Artikel Machtmißbrauch in der spirituellen Szene – Christian Salvesen ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Spirituelle Intelligenz: Spürend Denken – Interview mit Dr. Joachim Galuska

$
0
0
Galuska_Offenheit des Lebens_MYSTICA_TV2
Galuska_Offenheit des Lebens_MYSTICA_TV

© CL. / photocase.de

Auf spirituellen Wegen wird oft ein Zustand angestrebt, in dem wir uns der Welt und dem Leben unmittelbar öffnen. Dr. Joachim Galuska, Psychotherapeut und Leiter der Kliniken Heiligenfeld, spricht über diese innere Haltung des Spürens. Mit Bezug auf den „Meister des Spürens“ Rainer Maria Rilke reflektiert er über die Bedeutung solch eines Daseins in der Welt für eine moderne Spiritualität. Galuska ist der Initiator des angesehenen „Heiligenfelder Kongresses“, der dieses Jahr am 18. – 21. Mai stattfindet. Thema: Liebe

Ein Interview von Thomas Steininger, zuerst erschienen in evolve

 

Thomas Steininger: Wenn man über eine zeitgemäße Spiritualität spricht, scheiden sich oft die Geister. Die einen betonen, dass Spiritualität mehr Gefühl braucht. Für andere ist Spiritualität oft zu gefühlsorientiert. Diesen Kritikern geht es mehr um einen wachen, aufgeklärten Geist. Wie lebt man heute Ihrer Ansicht nach eine moderne Spiritualität?

Joachim Galuska: Spiritualität versucht, eine innere Haltung zu kultivieren, die jenseits unserer konzeptionalisierten Bindungen liegt. Wir gehen über die Konstruktionen, mit denen wir unser Leben interpretieren und erschaffen, hinaus. Non-Dualität bedeutet auch, dass wir die Wirklichkeit ohne Konzept unmittelbar erfahren. Dieses Erfahren ist weder Fühlen noch Denken; als alternativen Begriff würde ich hier das Spüren wählen. Man könnte es auch als Offenheit unseres Bewusstseins oder unseres geistig-seelischen Zustandes bezeichnen. Wenn wir in dieser Offenheit sind, dann spüren wir das Leben auf eine direkte Weise. Unser gesamter Organismus, unser gesamtes Bewusstsein steht diesem Spüren zur Verfügung. Und unser Verstand versucht alles, was wir spüren, in Begriffe zu fassen. Dieses spürende Denken nutzt nicht so sehr Begriffe und Konzepte als Abbilder der Wirklichkeit, sondern es ist ein metaphorisches Denken. Es steht der Poesie näher als einem wissenschaftlich präzisen Denken oder einem philosophischen Denken im engeren Sinne. In diesem nondualen Spüren verändert sich auch unser Fühlen, es ist nicht mehr nur emotional und körperlich, sondern trägt auch intuitive Komponenten. Spiritualität lebt in der Bereitschaft zu dieser Offenheit zum Leben und zur Welt, und das ist eine Haltung, welche die DichoThomasie zwischen Denken und Fühlen überschreitet.

 

Das tieftiefe Leben

TS: Können Sie diese Unterscheidung zwischen Spüren und Fühlen noch etwas erläutern?

JG: Jeder Begriff reduziert und versucht, etwas zu fassen, was im Grunde eine Bewusstseinshaltung, ein Bewusst-Sein im Moment, ist. Wir können dem Moment offen und bereit begegnen, so wie er ist – ohne Hindernisse, Widerstände, Konzepte, Vorurteile, Pläne oder Erinnerungen. Wir erfahren den Moment in seiner Fülle, die viel intensiver, größer und beeindruckender ist, als die Momente unseres Lebens, in denen wir die Welt durch selektierendes, filterndes, begrenztes Denken und Fühlen erfahren. Diese Erfahrung würde ich als Spüren bezeichnen. Es ist eine Offenheit für das Leben, wie es gerade ist, in seiner Tiefe, Fülle, Intensität, Weite und Größe; das Leben in seiner Schönheit und in seinem Schmerz. Wir spüren das Leben in seiner Dynamik, in seinem Strömen, denn das Leben ist in Bewegung. Jeder Moment entwickelt sich und verändert sich aus sich heraus. Und diese Bewegung können wir spüren. Wir fließen in dieser Offenheit im Leben, mit seiner Schönheit und seinem Schrecken, wie Rilke es so schön ausgedrückt hat. Rilke ist ein gutes Beispiel. Er hat versucht, das Leben als Ganzes zu spüren: das Schreckliche und das Grauenvolle, das Alter, den Schmerz und den Tod, aber auch die Schönheit und das Wunder des Lebens. Wenn man versucht, hinter seine Worte zu spüren, kann man diesen Zustand, aus dem er schrieb, erahnen. Ich würde es als „Spürigkeit“ bezeichnen, eine tiefe Offenheit dem Leben gegenüber. Wie konnte er sonst vom „tieftiefen Leben“ sprechen? Er vermittelt uns eine Erfahrung dieses spürenden Bewusstseins, in dem er diese Zeilen schrieb.

 

Poetisierung des Denkens?

TS: Dieses poetische Denken ist eine Form des Denkens, die dem Leben anders begegnet als ein rein analytisch-wissenschaftliches Denken. Zeigt sich darin vielleicht auch eine denkend-spürende Spiritualität, die durchaus kritisch nachdenkend sein kann, aber auch diese Offenheit zulässt, von der Sie sprechen?

JG: Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und sagen, dass dieses spürende Denken kein sich gegenüberstellendes Denken ist, das etwas zum Objekt macht und dann versucht, es zu erfassen und zu begreifen. Bei Rilke spricht das Leben sozusagen in der Form seines Denkens, die dann in seinen Texten zum Ausdruck kommt. Aber es ist kein Denken über etwas, es ist kein Denken über das Leben, sondern es ist das Leben, das sich in diesen Worten ereignet. Eigentlich gehört dieses Denken zu dem Moment, den der Dichter fühlt und zum Ausdruck bringt. Damit ist dieses spürende Denken im Grunde ein Lebensausdruck selbst, der sich dem Leben nicht in irgendeiner Form gegenüberstellt, sondern der einfach als poetische Entfaltung aus dem Leben herausfließt – als Gestaltung dieses Moments, der dadurch, dass er in Worten Ausdruck findet, für uns nachvollziehbar wird.
Aber ich glaube, dass man so jemanden wie Rilke erst dann wirklich in der Tiefe versteht, wenn man versucht, sich einfach nur berühren zu lassen von seinen Worten und sich fragt: Woher spricht dieser Mensch? Wenn ich diese Empathie wirken lasse, kann ich versuchen, mich ganz hineinfallen zu lassen in seine Worte, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was dieser Mensch erlebt, empfunden und gespürt haben muss, als er diese Zeilen schrieb.

 

TS: Sie haben jetzt mehrmals eine Unterscheidung angesprochen: das Denken über etwas im Gegensatz zu einem Denken, das in sich selbst ein lebendiger Ausdruck des Lebens ist. In der deutschen Romantik, vor allem von Novalis, wurde die Poetisierung des Denkens gefordert. Hier hat das Denken einen tiefen spirituellen Anspruch, nämlich den der Nicht-Getrenntheit. Denken ist dann nicht nur eine Reflexion über etwas, sondern in sich ein lebendiger Ausdruck des Lebens auf der Ebene von Bewusstsein. Zeigt sich darin nicht die Möglichkeit einer Haltung, in der Denken und Spüren nicht mehr getrennt sind?

JG: Ja, wobei wir noch beachten sollten, dass das Denken einen Ausdruck sucht. Wenn sich das Denken ins Sprechen oder Schreiben hineinbewegt, dann wird es oft wieder beschränkter. Wie können wir dieses spürende Denken auch in der Interaktion und Kommunikation zum Ausdruck bringen? Das hat viel mit Einfühlung zu tun. Der Ausdruck unseres Denkens richtet sich ja immer an einen Menschen, der es hört und auf sich wirken lässt und darauf antwortet. Im kommunikativen Zusammenhang kann sich ein Denken, Fühlen, Spüren, das spirituell verankert ist, auch bewusst sein, dass wir in einem kollektiven, kommunikativen Begegnungszusammenhang stehen. Das Leben ereignet sich nicht nur individuell, sondern es ereignet sich gerade auch zwischen uns. Wir können gemeinsam vergegenwärtigen, wie sich das Leben gerade anfühlt – nicht nur ich oder Sie, sondern wir gemeinsam.

 

In den Sternstunden

TS: Das Denken wird oft als ein Prozess verstanden, der im Individuum entsteht. Aber das Gespräch, in dem wir uns jetzt befinden, ist ja auch ein Denken, das sich als ungeteiltes Ganzes in diesem Dialog entfalten kann. Dann prallen nicht nur zwei Denkweisen aufeinander, sondern es entsteht ein ungeteilter Ausdruck von Lebendigkeit im Gespräch.

JG: Wenn es uns beiden gelingt, uns in diesen gemeinsamen Erfahrungsraum einzustimmen, dann empfinden wir diese ungeteilte Dynamik. Ich möchte noch einen anderen Aspekt ansprechen, der mir hier wichtig erscheint. Sie gebrauchen das Wort „Denken“ sehr oft auch im Hinblick auf eine aufgeklärte Spiritualität. Aber ist es nicht so, dass das Medium der Spiritualität nicht das Denken ist, sondern die Aufmerksamkeit, die Offenheit des Geistes, die Offenheit der Seele oder die Offenheit des Bewusstseins?  Wenn ich jetzt so offen dem Leben entgegentrete – dem, was da ist, und auch dem, was die Welt irgendwie überschreitet oder subtil durchdringt –, dann empfinde ich ganz besonders in Sternstunden der Bewusstheit, dass sich mir eine Art von Struktur oder Weisheit zeigt. Ich nenne es am liebsten Intelligenz: Eine Art von Intelligenz erschließt sich mir, die das Ganze so gestaltet, wie es ist, die ich aber nicht durch Denken erfassen kann. Wenn ich diesen Moment des Lebens mit meinem Denken verstehen will, wird das Ganze drastisch reduziert. Die Welt ist so unendlich größer als das, was wir denkend erfassen können. Philosophie unternimmt den Versuch, die Welt denkend zu erfassen. Spiritualität geht einen Schritt weiter: Wir erfassen die Welt nicht nur denkend, sondern begegnen ihr in einer Offenheit des Geistes, in voller Präsenz, in voller Bewusstheit. Dann können wir etwas spüren, erfühlen, erahnen von der Intelligenz, die gerade am Werke ist. Die Intelligenz, die die Evolution so sein lässt, wie sie ist, die den Moment so sein lässt, wie er ist. Die Intelligenz, die diesen Moment hervorbringt, und uns leben und sprechen und jetzt zusammen sein lässt. Nun könnte man sagen, das ist alles einfach Zufall, auch dass wir jetzt dieses Gespräch führen. Aber das Wort Zufall finde ich dafür zu dumm. So dumm ist das Leben nicht, sondern es ist irgendwie gefügt, da sind viele Ströme und Verbundenheiten am Werke, die wir denkend nicht verstehen können. In diesen Sternstunden erkenne ich, dass mein Bewusstsein so viel kleiner ist  als die Fülle des Lebens, sodass ich selbst in den leuchtenden Momenten das Gefühl habe, ich kann nur eine Ahnung davon bekommen, wie groß das ist, was sich gerade ereignet.

 

TS: Gibt es nicht die Möglichkeit, diese Offenheit, die Sie beschreiben, denkend zu begleiten?

JG: Sie möchten die Beziehung zwischen Denken und Fühlen gern zugunsten des Denkens beantworten und darin spüre ich Ihre philosophische Herkunft. Ich komme eher aus der Psychotherapie und aus der Selbsterfahrung, deswegen ist mir das Fühlen sehr nahe. Ich würde es aber gar nicht Fühlen nennen, sondern Spüren. Sie können natürlich dieses Spüren denkend begleiten, nur würde ich sagen, dass gerade in den Sternstunden dieser großen Offenheit ein Gespür erwacht für dieses gewaltige Geschehen, was da Evolution, Kosmos – oder wie auch immer Sie das nennen wollen – heißt. In solchen Momenten ist es viel wichtiger, das zu spüren, zuzulassen und sich davon durchdringen zu lassen. Wir umfassen mit so viel Aufmerksamkeit und Bewusstheit wie möglich diese Größe des Lebens und lassen sie sich an uns ereignen. Wir verglühen darin, wie es Martin Buber einmal gesagt hat. Das finde ich interessanter, als es denkend zu begleiten, weil dieses denkende Begleiten eine Ablenkung darstellen könnte von dem, was eigentlich viel, viel wichtiger ist: diese Größe zu leben, zu erfahren, sich davon rühren und beeindrucken zu lassen. Wenn mir das gelingt, dann kommt mir mein Denken so unwesentlich vor – und ich bin ein guter Denker. Ich habe hinterher immer noch genügend Möglichkeiten, darüber nachzudenken. Aber im Erleben dieser Offenheit will ich den Moment in seiner Tiefe erforschen, erfassen und mich ihm hingeben. Natürlich sind Gedanken dabei, aber sie sind wie Blüten oder Farben, die einfach auch in diesem Moment dazukommen. Es ist schön, wenn man das eine oder andere auch in Worte fassen kann. So wie man eben ein Lied singen oder eine Melodie spielen könnte, so können wir auch Worte spielen. Und wir können schauen, was wir daraus lernen, wenn wir unser Leben wieder rekonstruieren und versuchen, gut zu leben und das Leben wirklich in seiner Tiefe zu erfahren und zuzulassen. Moderne abendländische Spiritualität ist meiner Ansicht nach darauf ausgerichtet, das Leben in seiner Größe und Tiefe zu erfahren und zu spüren: Wir lassen uns auf das Leben ein, vertrauen uns ihm an, spüren seine Größe und folgen der Intelligenz, die sich darin zeigt. Und wir leben unser eigenes, persönliches Leben als Teil dieses gewaltigen kosmischen Geschehens, das auch in uns lebt.

Der Text ist zuerst erschienen in evolve – Magazin für Bewusstsein und Kultur. Wir können es sehr empfehlen!
www.evolve-magazin.de
www.facebook.com/evolve.magazin

 

Über Dr. Joachim Galuska:

Der Psychotherapeut ist ärztlicher Direktor und Mitbetreiber der Heiligenfeld Kliniken für Psychosomatische Medizin in Bad Kissingen. Als Veranstalter des jährlich stattfindenden Kongresses der Akademie Heiligenfeld, gibt er sein eigenes Wissen weiter und diskutiert mit namhaften Persönlichkeiten über aktuelle Zeitfragen, wie beispielsweise eine menschengerechtere Wirtschaft und Medizin.
www.joachim-galuska.de

 

Veranstaltungshinweis:

Wieder gibt es den „Heiligenfelder Kongress“, diesmal zum Thema „Liebe“ in Bad Kissingen. Erwartet werden wieder um die 1000 Teilnehmer. Hier finden Sie alle Infos: www.kongress-heiligenfeld.de

Dieser Artikel Spirituelle Intelligenz: Spürend Denken – Interview mit Dr. Joachim Galuska ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Mystik – Roland Rottenfußer

$
0
0
MystikRottText

© ngumbao / photocase.com

Mystik beginnt mit Sprach- und Vernunftkritik, mit der Erkenntnis, dass das, worum es geht, eigentlich unaussprechlich ist. Der hoch gelobte Verstand, auch bei politisch Aktiven als wertvollstes Instrument geschätzt, versagt vor den „letzten Dingen“ wie ein Taschenrechner, dem man beauftragt, Bachs Matthäus-Passion zu begreifen.

Von Roland Rottenfußer

 

Der Hinweis auf die Grenzen des rationalen Diskurses ist aber kein Aufruf zu blindem „Glaubensgehorsam“ gegenüber den Institutionen. Es ist ein Appell, Glaubens- und Schrifttreue aufzugeben zugunsten eines direkten, erlebnishaften Zugangs zum Wunderbaren, das unsere Welt durchwirkt und ihr zugrunde liegt. Mystik ist dem Agnostizismus näher als dem Fundamentalismus, jedoch einem „Nicht-Wissen“, das seine Selbstaufhebung durch die Tat und die Erfahrung anstrebt.

Glauben Sie nicht mir. Glauben Sie nicht den „Esoterikern“, „Spiris“ oder anderen fragwürdigen Personen, die Sie wahrscheinlich nicht mögen. Glauben Sie Albert Einstein. Naturwissenschaft, das ist doch etwas Solides, oder? Von Einstein also stammt die Äußerung: „Das herrlichste und tiefste Gefühl, das wir spüren können, ist die mystische Empfindung. Dort liegt der Keim jeder wahren Wissenschaft. Derjenige, dem dieses Gefühl fremd ist, der nicht mehr von Bewunderung ergriffen oder von Ekstase hingerissen werden kann, ist ein toter Mensch.“

Ebenso wenig verdächtig, ein religiöser Fanatiker zu sein, ist Vincent van Gogh, der wunderbare Maler, der mit seinem Farben Blumen, Felder und den gestirnten Himmel über der Provence zum Leuchten brachte. Ohne von „Mystik“ oder von „Gott“ zu sprechen, trifft Van Gogh ein ungemein mystische Aussage, wenn er schreibt: „Es ist richtig, bei dem Glauben zu bleiben, dass alles wunderbar ist, weit mehr als man begreifen kann; denn das ist die Wahrheit, und es ist gut, feinfühlig und zart von Herzen zu sein, es ist schön, voller Wissen zu sein in den Dingen, die verborgen sind vor den Weisen und Verständigen dieser Welt. Es ist das Bedürfnis nach nichts Geringerem als dem Unendlichen und Wunderbaren, und der Mensch tut wohl daran, wenn er nicht mit weniger zufrieden ist und sich nicht zu Hause fühlt, solange er das nicht errungen hat.“

„Errungen“ – das klingt nach Arbeit. Ich verrate die vielleicht wichtigste und tröstlichste Einsicht der Mystik zuerst: Das, was gesucht wird, ist immer schon da. Aber diese Erkenntnis hilft dem in einer entzauberten, „kleinen“ Welt wie in einem Käfig eingesperrten Menschen anfangs nur wenig. Zwischen „mir“ und dem Gesuchten liegt eine gefühlte Kluft, die meist als unüberwindlich erlebt wird. Man kann auch sagen: Da ist ein Nebel, der die klare Sicht auf das Ziel verschwimmen lässt, so dass ich nicht genau sehen kann, was ich suche, ja genau genommen nicht einmal ob da etwas ist. Die „Wolke des Nichtwissens“ wird dieser Nebel in einer gleichnamigen mystischen Schrift auch genannt. Der Verfasser der Schrift, entstanden um 1390 in England, ist nicht namentlich bekannt. Dies klingt nach Sokrates: „Ich weiß, dass ich nicht weiß.“ Und es ist tatsächlich in der Mystik ratsam, sich zunächst einmal mit seinem Nichtwissen zu bescheiden, anstatt Bescheidwissen vorzutäuschen oder in den ausgetretenen Pfaden des von Autoritäten Vorgegebenen zu wandeln.

Der Mystiker kann durchaus als Agnostiker in Erscheinung treten, außer in dem, was er selbst erlebt hat. Und wenn er es erlebt hat, kann er es nicht sagen. Das, war er vollständig mit Worten umschreiben könnte, wäre nicht das Wahre. Mystiker sind deshalb aus Erfahrung Sprachskeptiker. Hoffmannsthal spricht in seinem fiktiven „Brief des Lord Chandos an Francis Bacon“ von einem vollkommenen und schmerzlichen Verlust jeden Vertrauens in die Sagbarkeit der Dinge. „Es ist mir völlig die Fähigkeit abhandengekommen, über irgendetwas zusammenhängend zu denken oder zu sprechen. (…) Ich empfand ein unerklärliches Unbehagen, die Worte ‚Geist‘, ‚Seele‘ oder ‚Körper‘ nur auszusprechen, [denn] die abstrakten Worte, deren sich doch die Zunge naturgemäß bedienen muss, um irgendwelches Urteil an den Tag zu geben, zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze.“ Dieser Sprachverlust ist im Kern eine mystische Erfahrung. Der Fransziskaner-Pater und Buchautor Richard Rohr schreibt über den kontemplativen Geist: „Er weiß: wenn es wahr ist, spricht es für sich selbst; jede Ausformulierung wäre demgegenüber bruchstückhaft und unvollkommen.“ Rohr beruft sich dabei auf Paulus, der die unvollkommene Wort-Erkenntnis in Kontrast zu vollkommenen und direkten Schau der Mystik setzte: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht.“ (1. Korinther 13)

Der erste Satz des Tao Te King, Lao Tses zeitlosem Meisterwerk, lautet: „Das Tao das mitgeteilt werden kann, ist nicht das ewige Tao.“ Auch der Zen-Meister Mumon beschreibt die schwierige Situation eines Menschen, der „es“ erfahren hat, darüber aber nicht zu reden vermag: „Du wirst dich fühlen wie ein Stummer, der einen Traum gehabt hat: Sprachlos kennst du ihn nur für dich selbst.“ So muss eine seriöse Abhandlung über Mystik seine Leser auch paradoxerweise zunächst frustrieren. Der Autor muss Zweifel daran wecken, dass er seinen Gegenstand überhaupt angemessen vermitteln kann. Sprechen wird er dennoch, jedoch stets im vollen Bewusstsein der Unzulänglichkeit seiner Mittel. Statt von „Agnostizismus“ oder „Sprachskepsis“ kann man dabei auch von „Demut“ sprechen. „Die echten Mystiker sind immer demütig und mitfühlend, denn sie wissen, dass sie nichts wissen.“ (Richard Rohr in „Pure Präsenz“)

Natürlich wird das mit dem Schweigen nicht immer konsequent durchgehalten – gäbe es sonst mystische Schriften? Die allerdings haben mit Poesie oft mehr zu tun als mit „Sachtexten“. Spontan stellen sich beim Versuch, Unsagbares für Außenstehende erahnbar zu machen, Metaphern, Vergleiche und Mehrdeutigkeiten im Sprachgebrauch ein. Diese machen es fast unmöglich, einen mystischen Text auf eine einzige, klar umrissene Bedeutung festzulegen. Entsprechend bedeutet Mystik auch eine klare Absage an jedweden Fundamentalismus. Den bezeichnet Richard Rohr als „Folge dieses falschen Sehens. Es handelt sich im Grunde um eine Liebesaffäre mit Worten und Vorstellungen von Gott anstatt mit Gott selbst.“

Der Sprachkritik in der Mystik gesellt sich als logische Erweiterung auch die Vernunftkritik bei. Dabei geht es nicht darum, unserer Ratio die ihr gebührende Anerkennung in einem bestimmten begrenzten Wirkungsbereich zu verweigern. Für die Bewältigung des Alltagslebens ist sie ebenso nützlich wie für das Verständnis von Physik und Technologie. Im Übrigen hilft sie auch dabei, Fanatismus und Aberglauben zu durchschauen, die – entgegen religionsfeindlicher Vorurteile – eben keine Kennzeichen einer mystischen Welthaltung sind. Wichtig ist es nur, zuzugestehen, dass ein der Vernunft nicht mehr zugänglicher Bereich existiert, ein Sie-Übersteigendes. Dies hat nichts mit dem „Sacrificium intellectus“ (Opfer des Verstandes) im Sinne des Buckelns vor einer religiösen Obrigkeit zu tun; eher mit jenem schönen Wort vom „Frieden Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft“ (Brief des Paulus an die Philipper). Man kann dieses „Höhere“ auch nicht erreichen, indem man durch ein Abonnement von Lehrbriefen oder durch Redeseminare auf einer Stufenleiter der Einweihung emporsteigt. Vielmehr geht es um eine prinzipielle Schranke für den Verstand. Meister Eckhart, der wohl größte deutsche Mystiker, der mit der ungeheuren Kühnheit seiner Aussagen bis heute überrascht und teilweise schockiert, schrieb: „Hätte ich einen Gott, den ich erkennen könnte, ich würde ihn nimmer für Gott ansehen.“ Oder von Richard Rohr: „Wenn man es erklären kann, ist es nicht die Wahrheit.“

Wenn es die Wahrheit ist, kann man es umgekehrt aber auch nicht erklären. Das bedeutet nicht, dass das Ziel der Mystik für immer unzugänglich bleiben muss, es ist dies eben nur für unseren Intellekt. Gibt es demnach eine andere Kraft, der dies gelingen kann? Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuiten-Ordens, schrieb dazu: „Nicht das Vielwissen sättigt die Seele und gibt ihr Genüge, sondern das Fühlen und Kosten der Dinge von Innen.“  Für mich eine der schönsten Definitionen von Mystik. Nicht nur ist die „Vielwisserei“ untauglich, zum Eigentlichen vorzudringen, es ist für den Suchenden sogar ratsam, ganz bewusst eine Haltung des Nichtwissens anzustreben. Das Gefäß muss erst leer werden – leer von Dingen, die wir zu wissen glauben –, bevor es neu befüllt werden kann. Meister Eckhart schrieb in einer seiner Predigten: „So vermag aller Kreatur Wissen noch deine eigene Weisheit noch dein gesamtes Wissen dich nicht dahin zu bringen, dass du Gott auf göttliche Weise zu wissen vermöchtest. Willst du Gott auf göttliche Weise wissen, so muss dein Wissen zu einem reinen Unwissen und einem Vergessen deiner selbst und aller Kreatur werden.“

Johannes vom Kreuz, der große spanische Mystiker und Weggefährte Theresa von Avilas, fasste es so in Worte: „Um zu Gott zu gelangen, und mit ihm sich zu vereinen, muss die Seele mehr durch Nichtverstehen als durch Verstehen, in einem Vergessen aller Geschöpfe wandeln. Denn das Veränderliche und Begreifliche an den Geschöpfen muss vertauscht werden mit dem Unbegreiflichen: mit Gott.“ Interessanterweise verwenden sowohl Eckhart als auch Johannes hier das Wort „Vergessen“. Wo Eckhart von „Unwissen“ spricht, heißt es bei Johannes vom Kreuz „Nichtverstehen“. Es mag gerade für uns gebildete Menschen frustrierend wirken, wenn auf diese Weise das mühsam angehäufte Wissen, der geblähte Intellekt, wertlos geworden zu sein scheinen. Manche werden in solchen Aussagen eher die Tricks religiöser Fanatiker sehen, um Skeptiker davon abzuhalten, ihren kritischen Verstand zu gebrauchen. Aber eben um Propaganda im Sinne religiöser Glaubenslehren geht es in der Mystik nicht. Vielmehr sträubt sich die aus eigenem innersten Erleben geschöpfte Spiritualität schon immer gegen jeden Vereinnahmungs- und Deformationsversuch seitens religiöser Autoritäten.

„Himmelerde“ von Christian Salvesen

Die Forderung Eckharts, „Gott auf göttliche Weise zu wissen“, mag für viele irritierend, ja als eine ganz unmögliche Forderung erscheinen. Freilich weichen viele der Sprüche Meister Eckharts von unserer Alltagserfahrung stark ab und wirken dadurch – je nach Standort – entweder wie Unsinn oder wie Blasphemie. Eines scheint aber nachvollziehbar zu sein: dass wir, solange wie in einem Geist menschlichen Zuschnitts gefangen sind, das „ganz Andere“ Gottes, das Geheimnisvolle und „Numinose“ nicht zu erkennen vermögen. Der große islamische Mystiker Ibn Arabi formulierte ganz ähnlich: „Wenn du ihn durch ihn betrachtest, so betrachtet er sich selbst durch sich selbst. Das ist der Zustand der Einheit. Wenn du ihn durch dich selbst betrachtest, verschwindet diese Einheit.“

Ausdrücklich umfasst die Kritik am akkumulierbaren Verstandeswissen ja auch das Studium der Theologie und aller Arten von religiösen Schriften. Radikal ist darin z.B. Yoka Daishis Schrift „Shodoka – Gesang vom Erkennen des TAO“, eine aufs Äußerste konzentrierte Quellschrift des Taoismus. „Seit meiner Jugend habe ich Wissen angehäuft,/ Habe Sutren und Kommentare durchforscht, / Teilte alles in Namen und Formen ein – pausenlos, ohne zu ruh’n./ Doch es gleicht einem Sprung ins Meer, um den Sand zu zählen. Umsonst habe ich mich völlig erschöpft.“ Oder, wunderbar, in einem Gedicht des deutschen Frühromantikers Novalis: „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren/ Sind Schlüssel aller Kreaturen/ Wenn die, so singen oder küssen,/ Mehr als die Tiefgelehrten wissen …“ In zwei „Disziplinen“, die den meisten Menschen wohl vertrauter sind als Mystik, wird das Konzept des „Transrationalen“ (das die Ratio Übersteigenden) besonders schön erfahrbar: In der Liebe und in der Musik.

Gustav Mahler hat dieses Konzept in seiner 3. Symphonie beispielhaft in Töne umgesetzt. Er entwarf dafür in sechs Sätzen eine große Erzählung über die Evolution des Lebens. Die Sätze waren in einem älteren Entwurf wie folgt betitelt: „Pan erwacht. Der Sommer marschiert ein“, „Was mir die Blumen auf der Wiese erzählen“, „Was mir die Tiere im Walde erzählen“, „Was mir der Mensch erzählt“, „Was mir die Engel erzählen“, „Was mir die Liebe erzählt“.. Die Musik des „Pan-“, des „Blumen“- und des „Tier“-Satzes bleiben bei Mahler wortlos, während für den „Menschen“ und die „Engel“ das gesprochen Wort – gesungen von Solisten und Chören – einfließt. Im letzten Satz, einem der schönsten Mahlers, verstummt das Wort wieder. In solche „Höhen“ können Verstand und Sprache nicht mehr vordringen. Die Liebe – wohl die göttliche Liebe – ist jenseits des Sagbaren. Die Musik kann jedoch eine Ahnung von ihr vermitteln. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich Mahlers Musik hier auch nicht angemessen beschreiben kann, man muss sie hören.

Religionspolitisch ist es wichtig, die Sprach- und Verstandeskritik der Mystik zur Kenntnis zu nehmen. Vor ihrem Hintergrund verbietet sich eigentlich jegliche „Wortklauberei“. Worte neigen dazu, Menschen voneinander zu trennen und sie gegeneinander aufzubringen, wo das „eigentlich Gesagte“ sie doch in der Tiefe verbinden könnte. Mystik in vielleicht die älteste Form von Religion, zugleich aber auch diejenige, die am besten mit modernen Auffassungen von Toleranz und Pluralismus vereinbar ist. Sie kann schwer mit einem „gläubigen Atheismus“ koexistieren, der gleichsam die Existenz einer Erdbeere leugnet, ohne bereit zu sein, sie selbst zu kosten. Sehr gut ist sie aber mit einem weit blickenden, frei lassenden Agnostizismus vereinbar.

Alle, die sich mit dem Reden von „Gott“ so gar nicht anfreunden wollen, können sich damit trösten, dass es Formen der Mystik gibt, die ohne „ihn“ auskommen. Zunächst ist da ein Grundgefühl, im Sinn Van Goghs dem „Unendlichen und Wunderbaren“ besonders nah zu kommen, in manchen Momenten, gleichsam von ihm angesprungen zu werden, so dass sich das Wahrgenommene in einem besonderen Leuchten offenbar. Nicht umsonst gibt es Naturmystik wie auch sexuelle Mystik, mystische Erfahrungen im Zusammenhang mit Musik (als Interpret oder Hörer), mystische Träume und Gipfelerfahrungen, für die ein Name nicht auffindbar und auch nicht notwendig ist. Andere Formen der Mystik, speziell im Buddhismus, kommen ohne ein personales „Gegenüber“ aus, ohne dass es ihnen deshalb an Tiefe fehlen würde. Bei den Hindus ist die Behauptung einer Einheit von Einzelseele („Atman“) und Weltseele („Brahman“) gängig.

Ich selbst lasse den Begriff „Gott“ nicht außen vor, bin mir aber bewusst, dass er eher einen Fragenkomplex als eine definitive Antwort umreißt, eher ein großes Rätsel als eine klar umrissene, für alle verbindliche Lösung. Abseits von Glaubensvorstellungen und verschiedenen kulturellen, zeitbedingten „Eintrübungen“ ist Mystik das Kosten der Dinge von innen. Jeder – ob „gläubig“ oder „ungläubig“ –  ist dazu prinzipiell in der Lage, und dies ist das Verbindende, zugleich Revolutionäre daran.

 

Über Roland Rottenfußer:

Der Autor, Jg. 1963, erschloss sich als Germanist lesend Teile der Weltliteratur, bevor er sein Interesse auf Spiritualität, Psychologie, Gesundheit und Politik ausdehnte. Er schrieb über diese Gebiete u.a. in connection, Zeitpunkt und Matrix, ist derzeit u.a. Chefredakteur bei Konstantin Weckers Webmagazin www.hinter-den-schlagzeilen.de und Autorenscout für den Goldmann-Verlag.

 

Buch zum Thema:

HerzRottenfusserGesundbeten_155611
Monika Herz und Roland Rottenfußer: „Gesundbeten mit Heiligen“

Verlag: Kailash Verlag
Umfang: 224 Seiten
Preis:14,99 €
ISBN: 978-3424631005

Hier können Sie das Buch bestellen.

 

Merken

Merken

Dieser Artikel Mystik – Roland Rottenfußer ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

3 katholische Mystikerinnen: Hildegart, Mechthild und Teresa

$
0
0
3-mystikerinnen_salvesen_tscheer_mystica-tv

© pixx / photocase.de

Ja, Mystik spielt auch in der katholischen Kirche eine wichtige Rolle. Hier werden die drei sicherlich bekanntesten Mystikerinnen vorgestellt – alles mutige, beseelte Frauen, die an die innere Verbundenheit mit Gott und dem Sein erinnerten und erinnern: Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg und Teresa von Avila

von Christian Salvesen & Dr. Rosmarie Tscheer

 

1.Hildegard von Bingen (198-1179)

Äbtissin, Mystikerin, Rebellin, Heilkundlerin, Autorin theoretischer und poetischer Texte, Künstlerin und Komponistin. Ihr Werk erscheint unerschöpflich und überzeitlich. In den letzten Jahren finden ihre Schriften und musikalischen Kompositionen eine Beachtung wie wohl nie zuvor. Vielleicht bedurfte es dieser Zeitspanne von 800 Jahren, um zu einem besseren und angemessenen Verständnis zu gelangen. Ihre Musik zumindest entsprach, auch wenn sie für unsere Ohren heute „mittelalterlich“ klingt, keinesfalls den Kunstregeln und dem Geschmack ihrer Zeit. Andererseits war ihr Jahrhundert durchaus aufgeschlossen für neue Gedanken und künstlerische Ausdrucksformen, es war die Geburt der Gotik. Selbst Papst Eugenius III. las Hildegards „Scivias“ (Erkenne die Wege), in denen sie ihre Visionen beschreibt, den versammelten Bischöfen vor und unterstützte die mutige und nicht unbedingt „linientreue“ Äbtissin. Sie schreibt: „Im Alter von 42 Jahren und sieben Monaten strömte ein brennendes Licht von ungeheurer Helligkeit aus dem Himmel in meinen gesamten Geist, wie eine Flamme, die nicht verbrennt, sondern entflammt. Es entflammte mein ganzes Herz und meine Brust, wie die Sonne, die einen Gegenstand mit ihren Strahlen erwärmt. Auf einmal konnte ich die Bedeutung der Bücher – den Psalmen und der Evangelien – schmecken.“

Für ihre Nonnen komponiert Hildegard von Bingen 77 liturgische Gesänge, deren Tonumfang, Intervalle und melodischer Verlauf den Rahmen der damals bekannten Musik sprengen. Ihren Liederzyklus faßt Hildegard als „Symphonie der Harmonie der Himmlischen Offenbarungen“ zusammen. Der Begriff „symphonia“ bezieht sich dabei nicht nur auf den musikalischen, sondern auch auf den seelischen Zusammenklang im Menschen und auf die Harmonie von Himmel und Erde. Die Äbtissin betont, daß sie keine musikalische Ausbildung habe. Sie empfange ihre Lieder vielmehr in göttlicher Eingebung. Ihre Schwestern sehen sie manchmal stundenlang singend umherwandeln, ganz versunken in ein inneres Lauschen, wobei ein unbeschreibliches Leuchten ihr Haupt umstrahle. Diese nach innen gekehrte, meditative Seite wird von einer engagierten, aktiven Seite ergänzt. Als Predigerin reist Hildegard per Pferd und Schiff durch ganz Europa, mahnt und berät Könige und Kaiser, Bischöfe und Päpste, kritisiert Kreuzzüge und Judenverfolgung, baut weitere Klöster, heilt Menschen seelisch und körperlich.

Hildegard wird schon zu Lebzeiten als Heilige verehrt, obwohl ihre Heilmethoden sie eigentlich als Hexe ausweisen. Die „Hildegard-Medizin“ ist in der gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen Schul-und ganzheitlicher Alternativmedizin wieder aktuell. Die Faszination, die Hildegard gerade auf Frauen in unserer Zeit ausübt, läßt sich jedoch nicht mit dem Vexierbild „Heilige/Hexe“ erklären. Dahinter wirkt wohl eher die unbedingte Kraft einer Frau, die sich nicht über den Mann oder irgendetwas außerhalb ihrer selbst definiert, sondern ihre wahre, innere Natur erkannt hat.

„O Weib, du Schwester der Weisheit (Sophia),
wie herrlich bist du!
In dir erstand das überstarke Leben,
das nimmermehr vom Tod erstickt wird.“

„Hildegards Selbstbewußtsein als Frau unter Frauen wird in ihren Liedtexten deutlich. Ein Großteil der 77 Gesänge bezieht sich anerkennend auf Frauen: 16 auf die Jungfrau Maria, 13 auf die Heilige Ursula. Frauen spielen in Hildegards Version der Heilsgeschichte eine aktive Rolle. Dadurch regte sie viele Frauen dazu an, sich ihrer Macht in der materiellen Welt bewußt zu werden und diese Macht auszuüben. Nur als Mitglied einer religiösen Gemeinschaft von Frauen konnte Hildegard ihre wissenschaftlichen, künstlerischen und theologischen Werke erschaffen.“ (J. Michele Edwards: ‘Women & Music’)

 

2. Teresa von Avila (1514-1582)

„Bete nicht um leichtere Last, sondern um einen stärkeren Rücken!“

Sie schuf einen neuen Orden und eine neue, freundschaftliche Art zu beten. Die heilig gesprochene Mystikerin Teresa de Jesús ist auch heute noch aktuell

Das Jubiläumsjahr begann offiziell im Oktober 2014 und endete im Oktober 2015 (u.a. mit einer Festmesse in der Karmelitenkirche in Wien). Die teresianischen Karmeliter und Karmelitinnen zelebrieren das 500. Geburtsjahr ihrer Ordensbegründerin mit Festgottesdiensten, Vorträgen, Symposien und gemeinsamen Gebeten. Die katholische Kirche insgesamt verehrt Teresa de Jesús – mit diesem Namen unterschrieb sie ihre Briefe. 1614 wurde sie von Papst Paul V. seliggesprochen, 1617 zur Schutzpatronin von Spanien ernannt und 1622 heiliggesprochen. 1970 erhob Paul VI. Teresa als erste Frau in der Geschichte der Kirche zur Kirchenlehrerin. Ihr liturgischer Festtag ist der 15. Oktober. Die Evangelische Kirche zählt sie ebenfalls zu den bedeutendsten Mystikerinnen. Ihre Methode des inneren Gebets sowie die präzise und praktische Beschreibung des Weges der Versenkung und Vereinigung mit Gott machen Teresa über alle Konfessionen hinaus für uns heute aktuell – zumindest für Menschen, die inneren Frieden finden wollen.

Lebensstationen und Werke

Teresa Sanchez de Cepeda y Ahumada, so ihr eigentlicher Name, wurde als sechstes von zwölf Kindern in eine adlige Familie geboren, die als „conversos“ (Bekehrte), als zu Christen gewordene Juden unter der Beobachtung der Inquisition stand. Teresa durchlitt mehrmals seelische und körperliche Krisen. Mit 21 Jahren trat sie in den Karmel in Avila ein, in dem zu dieser Zeit 140 Schwestern lebten. Bald darauf wurde Teresa so krank, dass sie in ein mehrtägiges Koma fiel und bereits für tot gehalten wurde. Etwa drei Jahre lang blieb sie gelähmt. 1554 erfuhr Teresa in der Betrachtung des leidenden Christus ihre „endgültige Bekehrung“. In radikaler Selbstaufgabe wollte sie künftig nur noch in Christus leben. Gegen viele Widerstände erhielt sie 1562 von Papst Pius IV. und dem Ortsbischof die Erlaubnis, in Avila ein eigenes Kloster, das der Unbeschuhten Karmelitinnen, zu gründen, in dem die ursprüngliche Ordensregel wieder befolgt werden sollte. Zugleich legte Teresa fest, dass in einem Karmel nicht mehr als 21 Schwestern leben sollten. Danach begann sie, ihre Reformpläne trotz aller Widerstände und Strapazen zu verwirklichen. Sie regte über Johannes vom Kreuz, mit dem sie seit Anfang Oktober 1567 zusammenarbeitete, die Reform des Männerordens der Karmeliter an und reformierte als Priorin mit Johannes als Beichtvater auch ihr Mutterkloster 1571–1573. Bis zu ihrem Tod am 4. Oktober 1582 gründete sie 17 Reformklöster. (Quelle u.a.: http://de.radiovaticana.va/)

Teresa verfasste etliche Schriften, die zum Teil auf ihren Unterweisungen der Ordensschwestern basieren. Sie befassen sich zum Teil mit Klosterreformen und Gründungen, zum großen Teil mit dem mystischen Weg der Vereinigung mit Gott. Ihre Werke wurden erstmals 1588 von Luis de Leòn in Salamanca gedruckt. In ihrer Autobiografie („vida“) schildert sie offenherzig, auch selbstkritisch und mit einem feinen Sinn für Humor ihre Erfahrungen und Gefühle. Viele Jahre litt sie unter der inneren Zerrissenheit zwischen weltlichen Anforderungen und ihrem tiefsten Wunsch, zurückgezogen zu leben und sich ganz Gott und Christus hinzugeben. Hier sowie im „Weg der Vollkommenheit“ von 1566 und vor allem in ihrem wohl berühmtesten Werk über die „Innere Burg“ (1577) entfaltet sie ihre Lehre vom inneren Gebet.

Die Innere Burg
Die sieben Gemächer der kristallenen Buch stellen Stationen oder Stufen auf dem Weg des inneren Gebets hin zur Auflösung in Gott dar. Der erste Schritt ist, nicht mehr außerhalb der Burg herumzuirren, sondern sich der Pforte zur Burg zu zuwenden. Die Pforte ist bereits Andacht und Gebet. Bis zur dritten Kammer oder Ebene muss sich der Mensch durch eigene Kraft, Disziplin und Hingabe auf Gott zu bewegen. Ab der vierten Kammer kann er nur noch loslassen. Alle weiteren Stufen der Vereinigung liegen in Gottes Hand und geschehen aus göttlicher Gnade. Von der ersten Kammer an, die noch sehr dunkel und „voller böser Wesen“ scheint ist die Selbsterkenntnis für Teresa das zentrale Instrument:

„Denn so hoch die Seele auch stehen mag nie wird etwas anderes die Selbsterkenntnis ersetzen können, ob man dies will oder nicht. …es ist eine so wichtige Sache, dieses Erkennen unseres eigenen Ichs, dass ich wünschte, ihr möchtet niemals darin ermatten, so hoch ihr auch in den Himmel emporgestiegen sein möget.“

Wer trotz der zu erwartenden Rückschläge auf dem Weg bleibt, der erfährt zunehmend innere Bestätigung: „Da die Seele die Wonnen Gottes gekostet hat, erkennt sie, dass die Freuden der Welt nur Kehricht sind. Mehr und mehr entzieht sie sich diesen und erlangt eine immer stärkere Herrschaft über sich selbst, die sie dazu befähigt.

Teresa heute
Einerseits setzte ihre Ordensreform wieder verstärkt auf Buße, Demut und Weltabkehr, andererseits sieht sie in Gott das Prinzip der Liebe. In der katholischen Kirche gilt Teresa als aktuelle und vorbildliche Lehrmeisterin des Betens. In Avila findet ihr zu Ehren vom 5.-9. August ein Europäisches Jugendtreffen statt. Ihre Spiritualität ist zwar weltabgewandt, jedoch nicht körperfeindlich. „Tu deinem Leib des Öfteren etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“

Das Besondere und seinerzeit Radikale an ihrer Art zu beten war, nicht den vorgegebenen Gebetsformeln zu folgen, wie es in den Klöstern und Kirchen üblich war, sondern den eigenen inneren Ton zu finden, der auf Vertrauen und Freundschaft beruht. In diesem Sinne sagt Ulrich Dobhan, Übersetzer und Herausgeber von Teresas Werken sowie Deutscher Karmeliten-Provinzial OCD (in einem Interview in der Wiener Kirchenzeitung): „Teresas inneres Beten ist keine „Meditationsmethode“, die man erlernen kann, sondern im wahrsten Sinn des Wortes eine echte Freundschaft. Was für diese gilt, gilt auch für jenes.“
(Dobhan bestätigt Teresas feministische Gesinnung, die darin bestehe, dass sie sich selbst als Frau ganz angenommen und zugleich kritisch gegenüber selbstherrliche, ignorante männliche Autoritäten geäußert habe. Am wichtigsten sei aber für sie die Gewissheit gewesen, von Jesus ganz angenommen zu sein: „Du, Herr meiner Seele, dir hat vor den Frauen nicht gegraut, als du durch diese Welt zogst, im Gegenteil, du hast sie immer mit großem Mitgefühl bevorzugt, und hast bei ihnen genauso viel Liebe und mehr Glauben gefunden als bei den Männern“ (Weg [CE] 4,1).
Die zeitlose und damit stets aktuelle Botschaft ist die, dass Gott Liebe ist. „Ich sah, dass er zwar Gott, aber auch Mensch war, der sich über die Schwächen der Menschen nicht entsetzt, sondern Verständnis hat für unsere armselige Lage […]. Ich kann mit ihm umgehen wie mit einem Freund, obwohl er doch Herr ist. Denn ich erkenne, dass er nicht ist wie die, die wir hier als Herren haben, die ihr ganzes Herr-Sein auf „Autoritätsprothesen“ gründen.“))

 

3. Mechthild von Magdeburg (1207-1282)

Sie gilt neben Hildegard von Bingen als bedeutendste deutsche Mystikerin des Mittelalters. Das Bistum Magdeburg feiert ab September 2007 das „Mechthild-Jahr“. Wer war Mechthild? Was schrieb sie? Was bietet das „Mechthild-Jahr“?

I. Mechthilds Leben und Wirken

Die Begine
Mechthild ist 1207 oder 1210 in der Diözese Magdeburg als Kind wohlhabender, adeliger Eltern geboren worden und hat sich offenbar eine gute höfische Bildung angeeignet. Einerseits mag das Armutsideal der Franziskaner, andererseits aber auch ihr eigenes Streben nach Vollkommenheit und gelebter Nachfolge Christi sie dazu bewogen haben, um 1230 das Elternhaus zu verlassen und sich in einen Magdeburger Beginenhof zu begeben. Dort führt sie während dreißig Jahren ein strenges geistliches Leben gemäß den evangelischen Räten: Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam.
Entsprechend dem damaligen Frömmigkeitsverständnis unterwirft sie ihren Körper harten Bußübungen, um den Weg der inneren Läuterung zu gehen und die Einformung des eigenen Willens in den Willen Gottes zu erlangen. Mechthild erachtet es aber auch als ihren Auftrag, aktiv am Leben und Geschehen der Kirche teilzunehmen. Wie viele Beginen, deren Namensherkunft im übrigen unklar ist und die sich gegen Ende des 12. Jh. vor allem in den Niederlanden, den angrenzenden rheinischen Gebieten und Nordfrankreich gruppieren, betreibt sie eifrig Bibellektüre, kümmert sich um arme Kinder, unterrichtet, steht kranken und alten Menschen bei.
Solchermaßen übt sie ein tätiges Christentum. Daneben pflegt sie Kontakt mit Mitgliedern des Dominikanerklosters von Halle, wo ihr jüngerer Bruder Balduin ein Ordensstudium absolviert und eintritt. Sie lässt sich von Ordensleuten dieses Klosters beraten und genießt wahrscheinlich auch ihren Schutz, was ihr sehr zustatten kommt, hält sie doch mit ihrer Kritik an Geistlichen nicht zurück. So schreibt sie an einer Stelle, dass Gott die Domherren Böcke nenne, und in der Vorrede ihres bedeutenden Werkes „Das fliessende Licht der Gottheit“ lesen wir: „Dieses Buch sende ich nun als Boten allen geistlichen Leuten, die die Säulen der Kirche sind, den guten wie den schlechten; denn, wenn die Säulen fallen, dann kann das Gebäude nicht überdauern.“ Sie verfügt über ein erstaunliches Sendungsbewusstsein, sagt sie doch, dass dieses Buch allein von ihr künde und ihr Geheimnis offenbare, um Gott zu verherrlichen, wobei alle, die es verstehen wollen, es neunmal lesen sollen.

Die Mystikerin
Mechthild von Magdeburg schenkt uns eine unerschöpfliche Glaubens- und Lebenslehre, da wir bei ihr eine Einheit des Denkens, Fühlens und praktischen Lebensvollzugs feststellen. Wir erahnen ihre persönliche Liebesbeziehung zu Gott, nehmen jedoch auch den Zusammenklang mit dem heilsgeschichtlich-kosmologischen Geschehen wahr: Aufschwung und Niedersinken der Seele entsprechen dem Fliessen der Gottheit. Es veranschaulicht Gottes überströmende Liebe, die sich im Schöpfungswerk, ganz besonders in Christi Menschwerdung, aber auch in seiner Höllenfahrt manifestiert. Trotz Kirchenkritik und Höllenvisionen steht die göttliche Liebe als Ursprung und Ziel aller menschlichen Liebe im Mittelpunkt. Wir erkennen die Dynamik einer Liebe, die sich nicht nur im Aufstieg und in der mystischen Vereinigung mit dem Geliebten bewährt, sondern auch im «Entsinken» aus Gehorsam gegenüber Gottes Willen.
Diese Dynamik der Bewegung, das Fließende, Strömende von Licht, Feuer, Wasser als Ausdruckskraft der göttlichen Liebesgaben ist fortwährend spürbar, sowohl in der mit unseren Sinnen wahrnehmbaren Welt als auch im Denken und in der allein dem suchenden Geist zugänglichen, übersinnlichen Welt. Daher die Metaphorik von Wasser und Wein, höfischer Liebesbeziehung von Braut und Bräutigam, die Bilder von Berg, Licht, Feuer, die beinahe unerschöpflich anmuten.

Als überzeitliche Metapher verwendet sie in ihrer mystischen Sprache die Vision von Gott als «Berg», während sie an anderen Stellen den Bräutigam einen „giessende“, „fliessenden“, „brennenden“, „verschmelzenden“ Gott nennt. Häufig gehen mystischer Erfahrungsbericht und theologisch-ethische Reflexion ineinander über. In kühnen Strichen entwirft sie mit wunderschönen Bildern ihr Gottesbild, zeigt uns einen Gott und Schöpfer, den sie ernst nimmt und dem sie existentielle Fragen stellt.

Die letzten Jahre
Zwischen 1250 und 1259 entstehen die Bücher I-V, von 1260 bis 1270/71 Buch VI, wobei wir nicht wissen, wie groß der Einfluss ihres Beichtvaters Heinrich von Halle war, der die Aufzeichnungen redigiert, möglicherweise auch da und dort «korrigiert» und die Reihenfolge der Bücher nach eigenem Gutdünken bestimmt. Allerdings bringt dieser Dominikaner ihr Werk an die Öffentlichkeit. Zudem vergleicht er Mechthild mit den Prophetinnen Deborah aus dem Buch der Richter (IV, 4-5) und Olda aus dem 2. Buch der Könige (XXII, 14-20), die beide vom Heiligen Geist über die Geschichte Israels und die Gerichte Gottes belehrt werden.

Obwohl sie in Heinrich von Halle einen Verbündeten hat, erlebt sie zwischen 1260 und 1270 Anfeindungen gegen ihre Person und ihr Werk. Es mag damit und mit der zunehmend bedrohlichen Lage der Beginen zusammenhängen, die mit ihrer Mobilität – sie waren ja keiner Oberin unterstellt – ihren mannigfachen Aktivitäten und vielleicht auch mit ihrer Gelehrsamkeit vielen Geistlichen ein Dorn im Auge waren, dass sie sich 1270 ins Kloster Helfta bei Eisleben zurückzieht. Hier befinden sich zu der Zeit auch die beiden ebenfalls schreibenden Zisterzienserinnen Mechthild von Hackeborn (12411299), Autorin der „Visionen und Offenbarungen“, und Gertrud die Grosse (12561302), Verfasserin des „Legatus divinae pietatis“ („Gesandter der göttlichen Liebe“). Mechthild von Magdeburg stirbt hier 1282.

Selbst wenn wir vermuten, dass Hildegard von Bingen, Dionysius Areopagita, Bonaventura in ihrem Werk Spuren hinterlassen haben und sie von Augustinus und Bernhard von Clairvaux geprägt worden ist, bedeutet dies für uns keine Beeinträchtigung ihrer Begabung und Künstlerschaft. Vielmehr zählen wir Mechthild von Magdeburg den großen Gottsuchern und Kündern der Gottesliebe zu, die nach ihrer Anschauung das ganze Universum in Gang hält, diese unversiegliche, schöpferische Kraft, die dieses unaufhaltsame „Fließen“ und „Überfließen“ bewirkt.

 

II. Aus dem Werk

Mechthilds in sieben Büchern erschienenes Hauptwerk „Das fließende Licht der Gottheit“ (FLG) gilt als erstes Zeugnis der Mystik in deutscher Sprache. Wie durch ein Wunder wurde es über eine alemannische Übersetzung erhalten, im 19. Jahrhundert und in der amerikanischen Frauenbewegung des 20. Jahrhundert wieder entdeckt. Im Prolog offenbart kein geringerer als Gott selbst den Namen des Buches: „Es soll heißen: Das Licht meiner Gottheit, fließend in alle Herzen, die da leben ohne Arg.“ Es folgen einige Auszüge.

Wie Gott in die Seele kommt
Ich komm zu meinem Lieb wie der Tau auf die Blume.
Wie die Seele Gott empfängt und lobt Eia, selige Schau!
Eia, inniger Gruß! Eia, süße Umarmung!
Herr, Dein Wunder hat mich verwundet!
Deine Gnade hat mich erdrückt!
Du hoher Felsen,
Du bist so herrlich durchgraben.
In Dir kann niemand wohnen
denn Taube und Nachtigall. (FLG I, 14.)
Gott vergleicht die Seele vier Dingen
Du schmeckst wie eine Weintraube,
du duftest wie ein Balsam, du leuchtest wie die Sonne,
du bist ein Wachstum meiner höchsten Minne.

 

Die Braut
Die Braut ward trunken beim Anblick des edlen Antlitzes.
In der größten Stärke kommt sie sich selbst abhanden.
Im schönsten Licht ist sie blind in sich selbst.
In der größten Blindheit sieht sie am allerklarsten.
In der größten Klarheit ist sie beides, tot und lebendig.
Je länger sie tot ist, umso seliger lebt sie.
Je seliger sie lebt, umso mehr erfährt sie.
Je geringer sie wird, umso mehr fließt ihr zu.
Je reicher sie wird, umso bedürftiger wird sie.
Je tiefer sie (in Gott) wohnt, umso aufnahmefähiger wird sie.
(Je mehr sie begehrt), umso verlangender wird sie.
Je tiefer ihre Wunden werden, umso heftiger stürmt sie.
Je zärtlicher Gott gegen sie ist, umso höher wird sie entrückt.
Je schöner sie vom Anblick Gottes aufleuchtet, umso näher kommt sie ihm.
Je mehr sie sich müht, umso sanfter ruht sie.
(Je mehr sie empfängt), umso mehr erfaßt sie.
je stiller sie schweigt, umso lauter ruft sie.
(Je schwächer sie wird), umso größere Wunder wirkt sie mit seiner Kraft nach ihrer Macht
Je mehr seine Lust wächst, umso schöner wird ihre Hochzeit.
Je enger das Minnebett wird, umso inniger wird die Umarmung.
Je süßer das Mundküssen, umso inniger das Anschauen.
Je schmerzlicher sie scheiden, umso reichlicher gewährt er ihr.
Je mehr sie verzehrt, um so mehr hat sie.
Je demütiger sie Abschied nimmt, um so eher kommt er wieder.
Je heißer sie bleibt, umso rascher schlägt sie Funken.
Je mehr sie brennt, umso schöner leuchtet sie.
Je mehr sich Gottes Lob verbreitet, umso größer bleibt ihr Verlangen.

 

Über Christian Salvesen:

Er ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an. Er lebt mit seiner kanadischen Ehefrau in der Nähe von München. Alles weitere erfahren Sie auf www.christian-salvesen.de

 

Über Dr. Rosmarie Tscheer:

Sei ist Romanistin, Übersetzerin, Lyrikerin, Buchautorin und Referentin. Erstmals wurde ihr Text in der Schweizerischen Kirchenzeitung 1998 veröffentlicht.

 

Merken

Dieser Artikel 3 katholische Mystikerinnen: Hildegart, Mechthild und Teresa ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Aryan Khoschbonyani – Heilmeditation

$
0
0

In dieser inspirierten Heilmeditation spricht der Heiler Aryan Khoschbonyani direkt ins Herz. Es geht um das Einssein mit der Quelle allen Lebens – aus der wir kommen und unsere Erfahrungen machen. Täglich entscheiden wir, wer wir wirklich sind. Ein Tempel für den Geist Gottes? Es ist möglich!

Wir freuen uns über Ihre Kommentare, wie es Ihnen gefallen hat!

 

Aryan Khoschbonyani ist Bioenergetic Health Optimizer, der sich die Aktivierung der Selbstheilungskräfte auf die Fahnen geschrieben hat und Menschen mittels Energieübertragungen und Gebeten dabei unterstützt, Blockaden zu identifizieren, Konfliktursachen zu erkennen und fallweise auch neue Impulse für die Heilung unterschiedlicher Erkrankungen zu bieten. Der 1965 in Frankfurt geborene Vater zweier Töchter lebt und praktiziert in München. Er bietet spirituelle Gruppen- und Einzelarbeit an, leitet Seminare und Workshops, ist Dozent für bioenergetisches Heilen und er hat Produkte entwickelt, die dabei helfen sollen, balancierende Energien im Körper zu aktivieren.

Hier können Sie ihn in einem Interview erleben.

http://www.heilundfrei.de

Dieser Artikel Aryan Khoschbonyani – Heilmeditation ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Viewing all 414 articles
Browse latest View live